BERLIN/KARLSRUHE. Polizisten haben in Berlin auf Grundlage eines Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe am Montag einen gesuchten mutmaßlichen Linksextremisten verhaftet. Der Beschuldigte ist 48 Jahre alt und heißt Thomas J. Seit dem 26. Januar dieses Jahres liegt gegen ihn ein Haftbefehl vor.
Die Generalbundesanwaltschaft geht davon aus, daß er „eine kriminelle Vereinigung unterstützt“ sowie „gefährliche Körperverletzung“ und „Sachbeschädigung“ begangen hat, wie ein Sprecher der Behörde am Dienstag mitteilte.
Die Justiz rechnet J. der sogenannten „Hammerbande“ um die verurteilte Gewalttäterin Lina E. zu. „Ausschlaggebend für die Vereinigung war eine von allen Mitgliedern geteilte militante linksextremistische Ideologie, die eine Ablehnung des bestehenden demokratischen Rechtsstaates, insbesondere des staatlichen Gewaltmonopols, beinhaltet.“ Der Gruppe werden mindestens sechs gewalttätige Übergriffe zwischen Oktober 2018 und Februar 2020 vorgeworfen.
Der kampfsporterfahrene J. soll dabei mindestens ein gemeinsames Gruppentraining geleitet haben. „Am 19. Oktober 2019 verübte der Beschuldigte zusammen mit Lina E. und weiteren Mitgliedern der Vereinigung einen Anschlag auf den Inhaber und die Besucher einer Gaststätte in Eisenach. Die Gaststätte wurde als Ziel ausgewählt, da es sich hierbei um einen mutmaßlichen Treffpunkt der ‚rechten Szene‘ handelte“, sind sich die Ermittler sicher.
Gefaßter Linksterrorist soll in Syrien gekämpft haben
Nach Informationen der „Tagesschau“ soll sich der Tatverdächtige zwischenzeitlich in den kurdisch dominierten Gebieten Nordsyriens aufgehalten und der militanten Kurdengruppe YPG angeschlossen haben. Dort soll er als Scharfschütze ausgebildet worden sein. Er habe möglicherweise an Kampfhandlungen gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) teilgenommen. Bei einer Hausdurchsuchung in Deutschland sei ein „Schießbuch“ gefunden worden, das dem Festgenommenen zugeordnet werde und Details zum Scharfschützentraining enthalte, berichtete das öffentlich-rechtliche Medium.
Der mutmaßliche Linksextremist wird am Dienstag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt, der dann entscheiden soll, ob J. in Untersuchungshaft kommt. Im vergangenen Jahr befanden sich laut dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) 4.248 Menschen im Land, die als sogenanntes „islamistisches Personenpotential“ eingestuft werden. Unter Rechtsradikalen waren es zum selben Zeitpunkt 14.500, bei Islamisten 27.200.
Viel „Personenpotential“, wenig „Gefährder“
Das BfV unterscheidet dabei zwischen „Personenpotential“ und „Gefährdern“. Ersteres beinhaltet alle, die als Anhänger islamistischer Ideologien gelten. Dazu gehören Personen, die solche Ideologien unterstützen, sich aber nicht unbedingt direkt an gewaltsamen Aktionen beteiligen.
„Gefährder“ hingegen sind Personen, bei denen die Sicherheitsbehörden davon ausgehen, daß sie konkret schwere Straftaten wie Terroranschläge begehen könnten. Gefährder sind also eine viel kleinere, besonders gefährliche Gruppe innerhalb des gesamten Personenpotentials.
Ende Februar 2023 zählte das BfV neun linksextreme Gefährder in der Bundesrepublik. (st)