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TikTok, Jim Knopf und Dinosaurier: Kaisers royaler Wochenrückblick

TikTok, Jim Knopf und Dinosaurier: Kaisers royaler Wochenrückblick

TikTok, Jim Knopf und Dinosaurier: Kaisers royaler Wochenrückblick

Vorhang auf für Boris T. Kaisers Wochenrückblick.
Vorhang auf für Boris T. Kaisers Wochenrückblick.
Vorhang auf für Boris T. Kaisers Wochenrückblick Foto: picture alliance/imageBROKER / JF-Montage
TikTok, Jim Knopf und Dinosaurier
 

Kaisers royaler Wochenrückblick

Wenn die EU mehr Überwachung als China will, wenn Jim Knopf umgeschrieben wird und schon die Dinosaurier ein Sexismusproblem darstellen, dann steht die woke Welt wieder Kopf. Boris T. Kaiser blickt zurück.
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Die EU-Kommission hat in dieser Woche ein förmliches Verfahren gegen TikTok eingeleitet. Vorgeblich geht es dabei um den Schutz der minderjährigen Nutzer der Plattform – unter anderem vor dem sogenannten „Rabbit-Hole-Effekt“, der die Jugendlichen mittels „Fake-News“-Videos immer tiefer in die Welt der Systemfeinde und Verschwörungstheorien hineinziehe. Das sind Argumente, die eigentlich immer ziehen. Darauf spekuliert man wohl auch bei der Europäischen Union. Bei den großen Medien scheint diese Taktik bislang auch aufgegangen zu sein. Kritik an den Bestrebungen, Druck auf TikTok auszuüben, die dort verbreiteten Inhalte weiter einzuschränken, sucht man weitgehend vergeblich.

Das chinesische Video-Portal TikTok ist der EU noch nicht hart genug zensiert. Das sollte eigentlich jedem Europäer, der die Freiheit nicht grundsätzlich als Gefahr für das „Wahrheitssystem“ betrachtet, schwerste Bauchschmerzen bereiten. Wer selbst auf TikTok aktiv ist, dürfte wissen, daß die dortige digitale Überwachungstechnik bereits jetzt so restriktiv eingestellt ist, daß sie dafür sorgt, daß im Zweifel schon die Verwendung von buchstäblich nur einem einzigen „falschen Wort“ dazu führen kann, daß einem der Livestream abgeschaltet wird. Auch die Kommentarfunktion ist bei TikTok so übersensibel eingestellt, daß sie oft selbst ganz normale Kommentare sofort herausfiltert, weil sie automatisch als beleidigend eingestuft werden.

Außerdem ist das Rauchen sowie der Konsum aller anderen „schädlichen Substanzen“ (inklusive Alkohol) weitgehend verboten. Die Community-Regeln haben also schon heute sehr viel von dem „Sozialkredit-System“, daß die Einwohner China zu stets braven und linientreuen Bürgern machen soll. Erst kürzlich hat TikTok-Deutschland einen Kanal gesperrt, der regelmäßig Videos aus dem medien- und regierungskritischen Podcast „Hoss und Hopf” veröffentlicht hat. All das ist der EU aber offenkundig noch nicht zensorisch, chinesisch und kommunistisch genug.

Die nächste woke Kinderbuchversion

Daß wahre „Progressivität“ sich nicht auf das Heute und Morgen beschränkt, sondern mitunter weit in die Vergangenheit zurückgeht, machten in dieser Woche zwei Meldungen deutlich, von denen die eine besonders skurril gewirkt haben dürfte.

Die eher erwartbare Nachricht war die von der woken Neuauflage des Kinderbuchklassikers „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“. Das vor 64 Jahren erstmals erschiene Werk von Michael Ende wurde vom Verlag jetzt umgeschrieben, um dem heutigen politisch korrekten Sprachgebrauch gerecht zu werden. Aus „Indianerjunge“ wird „Junge“, aus „Eskimo-Junge“ wird „Inuit-Junge“. Und natürlich wird der Begriff „Neger“ gänzlich gestrichen. Die Änderungen am Text habe man, so heißt es in einer offiziellen Stellungnahme des Stuttgarter Thienemann Verlags, mit den Erben des Schriftstellers zuvor abgestimmt. Aber selbstverständlich nicht nur mit diesen.

„Wir haben das in mehreren Runden gemacht“, erklärte Verlegerin Bärbel Dorweiler. Zunächst habe man alle Stellen markiert, über die Leser unter Umständen stolpern könnten. Anschließend habe man dann noch einen „Sensitivity Reader“ zu Rate gezogen, „also jemandem, der selber viel Diskriminierung erfahren hat“. Schon interessant, was einen inzwischen alles so dazu befähigt, bei einem renommierten Verlag eine beratende Position einzunehmen. Immerhin: Neben der Neuausgabe soll die Originalausgabe nach Verlagsangaben weiterhin unverändert in Text und Bild lieferbar bleiben. Diese wird künftig allerdings mit einem einordnenden Nachwort versehen.

Dinosauriernamen sollen rassistisch sein

Die deutlich überraschendere Woke-Meldung der Woche führt einen noch weiter in die Vergangenheit zurück. Genauer gesagt in das Zeitalter der Dinosaurier. Deren Namen sind, wie wir seit einigen Tagen wissen, nämlich rassistisch. Ein Wissenschaftsteam um die Paläobiologin Emma Dunne von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, das eigentlich erforschen sollte, wie die Tiere vor Millionen von Jahren auf unserem Planeten gelebt haben, hat sich stattdessen entschlossen, einer in ihren Augen offenbar deutlich sinnvolleren Frage nachzugehen. Der Frage, ob die Namen der Dinosaurier dem heutigen Zeitgeist entsprechen. Daß sie selbst dies tun, dürften die Forscher schon allein dadurch bewiesen haben, daß sie überhaupt auf die Idee kamen, eine derartige Untersuchung anzustellen.

1.500 Saurier-Arten haben die Wissenschaftler unter die Woke-Lupe genommen. 89 davon haben sie als Problemfälle mit „anstößigen Namen“ markiert. Als problematisch stufen Ideologieerschaffer unter anderem ein, daß viele Dinos nach oder von deutschen Forschern benannt wurden. Alles, was deutsch ist, ist natürlich an und für sich schon mal anstößig; das ist klar. In diesem Fall liegt es vor allem daran, daß die bis heute größte und ergiebigste Dinosaurier-Expedition (von 1909 bis 1914) von Werner Janensch (1878-1969) in Tansania durchgeführt wurde.

Urzeit-Sexismus geht gar nicht

Statt sich etwas sinnvollem und moralisch Richtigem zu widmen, wie es seine heutigen Kollegen tun, hat Janensch mit seinen Kollegen Forschungen betrieben, auf denen ein Großteil unseres derzeitigen Wissens über die Dinosaurier beruht. Als ob das noch nicht schäbig genug wäre, haben die Deutschen, die von ihnen erforschten Urzeitwesen, dann auch noch nach sich selbst benannt – und nicht nach irgendwelchen afrikanischen Teilnehmern ihrer Expedition. Typisch alte, weiße Männer eben. Auch wenn diese damals noch gar nicht so alt waren, daß man ihnen das zum Vorwurf machen könnte.

Aber es geht ja noch weiter: Janensch und Co. haben viele der von ihnen gefundenen Knochen in ihrem kolonialistischen Größenwahn einfach mit nach Deutschland genommen, wo sie dann wieder zusammengesetzt und in irgendwelchen Musen ausgestellt wurden. Ähnliches gilt, wie Dunne und ihre bunte Truppe von der Friedrich-Alexander-Universität „herausgefunden“ haben, für Skelette, die aus Brasilen stammen. Neben dem kolonialistischen Rassismus haben die Paläobiologie-Fachkräfte und Zeitgeist-Experten in der Namensgebung der Dinosaurier auch noch Sexismus aufgespürt. So seien 87 Prozent der untersuchten (nichtneutralen) Namen männlich. Das hätte der große Tyrannosaurus Rex so nicht gewollt!

Vorhang auf für Boris T. Kaisers Wochenrückblick Foto: picture alliance/imageBROKER / JF-Montage
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