BERLIN. Der ehemalige Verfassungsrichter Hans-Jürgen Papier hat der Regierung vorgeworfen, nicht gegen den Mißbrauch deutschen Asylrechts vorzugehen. Deutschland sei nicht verpflichtet, Asylbewerber in das eigene Staatsgebiet einreisen zu lassen, wenn diese bereits aus einem sicheren Drittstaat anreisten.
„Wenn ein Asylantrag noch auf dem Boden eines anderen Mitgliedstaates gestellt wird, dann ist dieser Mitgliedstaat derjenige, der über die Zuständigkeit entscheidet. Dieser Mechanismus, daß man jeden einreisen lassen muß in das Gebiet der Bundesrepublik, weil er einen Asylantrag oder auch einen Folgeantrag in Deutschland stellen will, ist nicht zwingend“, betonte Papier in einem Interview mit der Welt.
Viele Bewerber würden mit ihrem Antrag eigentlich das Ziel verfolgen, nach Deutschland einzuwandern. Daß die Bundesregierung das zulasse, sei daher „Rechtsmißbrauch“. Es handele sich um „illegale, rechtswidrige Migration, für die das Asylrecht zweckentfremdet als Türöffner dient“.
Abschiebungen rechtlich schwierig
Der frühere Verfassungsrichter sieht dabei eine „stärkere Rechtsklarheit auf europäischer und nationaler Ebene“ als notwendig an. Der Glaube, man könne „das Problem mit radikalen Abschiebungen lösen“, sei eine Illusion, da diese nur durchgeführt werden könnten, wenn das Herkunftsland die Personen aufnehmen wollte.
Auch die Idee, die Verfahren in Drittstaaten auszulagern, setze eine Änderung des derzeitigen Rechts voraus. Eine „Vorprüfung vor der Einreise“, ob ein relevanter Fluchtgrund überhaupt vorliege, sei hingegen ohne Gesetzesänderungen möglich. (lb)