Der öffentlich-rechtliche Rundfunk befindet sich zwar nicht in einer Krise – die Finanzierung wird immerhin durch Zwangsbeiträge gesichert –, die liebevolle Zuneigung der Deutschen zu ARD und ZDF sinkt jedoch seit Jahren. Einschlägige Berichterstattung, ein ausschließlich linkes Jugendangebot, Unterrepräsentanz der Oppositionspartei AfD in Talkshows, Diffamierungskampagnen gegen unliebsame Personen und weitere Skandale um einzelne Journalisten trübten das Vertrauen.
Reformbedarf besteht, Rufe aus der Politik nach Reform oder gar Abschaffung mehren sich. Mittlerweile stammen sie nicht mehr nur von der AfD. Auch aus Kreisen von CDU und FDP werden Stimmen laut, die – selbstverständlich mit zeitgleicher Distanzierung zur AfD – eine Reform anstreben.
Darauf reagierte im Januar dieses Jahres nun auch die Politik. Die Rundfunkkommission – bestehend aus Ministern, Staatssekretären und Senatoren der 16 Bundesländer – diskutiert über eine Änderung des Medienstaatsvertrages. Erste Änderungen in den Bereichen Compliance, Transparenz und Gremienkontrolle sind de facto bereits beschlossene Sache, den Landesparlamenten werden sie lediglich pro forma vorgelegt, bevor die Regierungschefs sie unterschreiben.
Reform-Entwurf: Rundfunkbeitrag an den Landesparlamenten vorbei
Doch das wahre Streitthema blieb bisher unberührt. Der monatliche Rundfunkbeitrag in Höhe von 18,36 Euro ist unbeliebt in der Bevölkerung, wie auch der Norddeutsche Rundfunk zu Beginn des Jahres feststellen mußte. Lediglich ein Drittel (34 Prozent) sei bereit, weiterhin brav zu zahlen. Immerhin doppelt so viele wie die 17 Prozent, die gar nichts zahlen wollen. Der mittlere Beitrag, den die Befragten zahlen würden, liegt bei zehn Euro – vergleichbar mit den Preisen der Streamingdienste Disney+ und Netflix.
In der jüngsten Sitzung der Rundfunkkommission wurden dann jedoch laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Rundfunkbeiträge thematisiert. Demnach soll das Beitragsverfahren neu geregelt werden. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) soll anhand des „Finanzbedarfs“ der Anstalten einen Beitragskorridor erstellen, in dem sich die Sender bewegen können. Dadurch würde, so die Frankfurter Allegmeine, die vierjährliche Zustimmung der Landesparlamente umgangen werden, sofern der Korridor nicht verlassen wird.
Die Gebührenkommission KEF setzt sich aus jeweils einem Vertreter pro Bundesland zusammen, diese werden von den Regierungschefs auf fünf Jahre berufen. Durch die Neuregelung hätten Landesparlamente in Zukunft keine Möglichkeit mehr, Beitragserhöhungen – solange sie im Beitragskorridor liegen – zu verhindern. Die KEF wäre somit das einzige Kontrollorgan. Bisher müssen – zumindest auf dem Papier – noch alle 16 Landesparlamente ihre Zustimmung geben.
Bundesverfassungsgericht: Rundfunkbeitrag hat Verfassungsrang
Eine Beitragserhöhung verhindern, daran scheiterte bereits Ende 2020 der Landtag in Sachsen-Anhalt. Durch die gemeinsamen Stimmen von AfD und CDU versuchte das Land sich gegen die Erhöhung um 86 Cent zu wehren – ohne Erfolg. ARD, ZDF und das Deutschlandradio hatten das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) angerufen, dieses winkte die Erhöhung durch.
Der Erste Senat des BVerfG rügte das Land Sachsen-Anhalt. Es könne nicht im Alleingang „eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags – überdies ohne tragfähige Begründung“ – stoppen. Aus der im Grundgesetz verankerten Rundfunkfreiheit ergebe sich „eine staatliche Handlungspflicht in Bezug auf die Gewährleistung der funktionsgerechten Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, mit der ein grundrechtlicher Finanzierungsanspruch korrespondiert“. Kurz gesagt: Das Landesparlament darf die Erhöhung nicht so einfach ablehnen.
Die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Anstalten wäre durch die Neuregelung auch ohne Intervention des BVerfG „sicher“ vor Mehrheiten in Landesparlamenten. Nach dem Urteil wurde der Plan bekannt, den Rundfunkbeitrag auf 25,19 Euro anzuheben.