BERLIN. Die langjährige Grünen-Politikerin und ehemalige Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Antje Vollmer hat schwere Vorwürfe gegen ihre Partei erhoben. „Was hat die heutigen Grünen verführt, mitzuspielen beim großen geopolitischen Machtpoker, und dabei ihre wertvollsten Wurzeln als lautstarke Antipazifisten verächtlich zu machen?“, fragte die schwer erkrankte Vollmer am Donnerstag in einem Beitrag für die Berliner Zeitung.
Das Ziel einer Verbindung von Umwelt- und Friedensbewegung sei für die Partei lange Zeit in greifbarer Nähe gewesen. „Gerade die Grünen, meine Partei, hatte einmal alle Schlüssel in der Hand zu einer wirklich neuen Ordnung einer gerechteren Welt“, bedauerte die 79jährige. Diese persönliche Niederlage werde sie durch ihre letzten Lebenstage begleiten.
Vollmer nennt Baerbock „schrillste Trompete“ der Nato
Besonders harsch fiel Vollmers Kritik an Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) aus. Diese sei die „schrillste Trompete“ der neuen Nato-Strategie gegen Rußland, die ihre Positionen mit „argumentativer Schlichtheit“ verteidige.
Europa stehe kurz vor einer Phase „großer Ernüchterung“, die das Selbstbild des Kontinents „tief erschüttern“ werde. „Der so selbstgewisse Westen muß einfach lernen, daß die übrige Welt unser Selbstbild nicht teilt und uns nicht beistehen wird“, mahnte die gebürtige Westfälin. Die Welt müsse sich vom Blockdenken freimachen und wieder mehr auf internationale Zusammenarbeit unter dem Dach der UNO setzen.
Im Jahr 1983 wurde Antje Vollmer als eine der ersten Abgeordneten für die Grünen in den Bundestag gewählt. Sie gehört zu den Erstunterzeichnern des „Manifest für den Frieden“ von Sahra Wagenknecht (Linkspartei) und Alice Schwarzer. (fw)