DRESDEN. Der Dresdner Jugendpsychiater Veit Roessner hat dazu aufgerufen, die Forschung zum Thema Transsexualität bei Kindern und Jugendlichen voranzutreiben. Mit Blick auf Geschlechtsoperationen oder die Einnahme von Hormonblockern gebe es aktuell „überhaupt keine Datengrundlage, um diese Entscheidungen bei Kindern und Jugendlichen verantwortungsvoll zu treffen“, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
„Kein Mensch weiß, wie stabil der Wunsch nach einer Geschlechtsveränderung in der Gesamtgruppe der Kinder und Jugendlichen ist. Und ich befürchte, er bleibt viel, viel seltener stabil, als viele derjenigen, die operieren oder Hormone geben wollen, es wahrhaben wollen“, betonte Roessner. Das Thema Geschlechtsidentität sei derzeit „ein bißchen in Mode“ und komme in seiner Klinik mittlerweile häufiger zur Sprache als noch vor drei oder fünf Jahren.
Mögliche Folgen würden kaum diskutiert
Einige Kinder, die sich ihrer Geschlechtsidentität unsicher seien, würden zunächst hinsichtlich einer Anpassungsstörung behandelt. Oftmals hätten sie danach nicht mehr den Wunsch, ihr Geschlecht zu verändern. Die britische „Society for Evidence Based Gender Medicine“ gehe davon aus, daß bis zu 98 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die sich zunächst als „trans“ identifizierten, diesen Gedanken später wieder verlieren. Belastbare Zahlen gebe es aber nicht.
Insbesondere wenn es um irreversible oder risikoreiche Behandlung gehe, sei in der Medizin eine Abwägung wichtig. „Das ist ja ein maximaler Eingriff. Und wer entscheidet das, auf welcher Datengrundlage? Was das langfristig bedeutet, etwa für Kinderwunsch und Sexualität, wird kaum diskutiert“, sagte Roessner mit Blick auf Gender-Behandlungen.
Roessner: Psychische Probleme bleiben trotz Operation
Er erlebe beim Thema „trans“ einen „logischen Widerspruch“ im Vergleich zur sonstigen Vorgehensweise, gab der Mediziner zu Bedenken. Bei der sogenannten körperdysmorphen Störung, einer Unterform der Zwangsstörung, hielten Betroffene sich, beziehungsweise Teile ihres Körpers, für abstoßend. Man vermittle ihnen, daß eine Operation ihr Problem nicht löse und helfe ihnen, mit dem subjektiv negativ erlebten, umzugehen. Bei einer Geschlechtsdysphorie heiße es: „Operieren und Geschlecht ändern, dann wird alles gut“.
Aus seiner Sicht stehe hinter dem „Transgedanken“ häufig eine Adoleszentenkrise, also die Frage nach der eigenen Identität. Oft kämen die Jugendlichen gar nicht selbst von Anfang an mit diesen Anliegen an. Das entwickle sich mitunter erst ausgelöst durch Echoräume. Der Anteil an Jugendlichen, die nach einer Geschlechts-Operation keine psychischen Probleme mehr hätten, liege bei unter fünf Prozent, betonte Roessner. (zit)