ESSEN. Der Vorstandschef des Energiekonzerns „Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk“ (RWE), Markus Krebber, hat Gas- und Strompreise prognostiziert, die noch jahrelang auf hohem Niveau bleiben werden. „Es wird vermutlich drei bis fünf Jahre dauern“, sagte er in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung mit Blick auf die aktuellen Energie-Engpässe.
Es brauche Zeit, bis neue Kapazitäten geschaffen seien und andere Staaten zusätzliche Energie liefern könnten. Er begrüße das Vorhaben von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Kohlekraftwerke wieder in Betrieb zu nehmen, um Erdgas einzusparen. „Überall, wo man auf andere Energieträger umsteigen kann, sollte das erfolgen“, betonte Krebber.
„Auch wir bekommen deutlich weniger Gas als vereinbart“
Die Drosselung von Gaslieferungen aus Rußland sei bereits deutlich spürbar: „Auch wir bekommen deutlich weniger als die vereinbarten Mengen“, beteuerte der RWE-Chef. Aufgrund der aktuellen Situation auf dem Weltmarkt sei auch sein Konzern gezwungen, Brennstoff „zu deutlich höheren und weiter steigenden Preisen“ einzukaufen.
Ein Festhalten an Atomkraft über Ende 2022 hinaus lehnte Krebber ab. Zudem kündigte er an, sein Unternehmen werde unverändert auf die Erweiterung des Braunkohle-Tagebaus Garzweiler II im Rheinland setzen. „Der planmäßige Tagebaufortschritt ist wichtig – vor allem, wenn wir uns auf Szenarien vorbereiten, in denen Gas gespart werden soll.“
Krebber lehnt Festhalten an Atomkraft nach 2022 ab
Deutschland habe in den vergangenen Jahren „mehr Kraftwerkskapazitäten vom Netz genommen, als neue entstanden sind“. Beides müsse sich ändern, damit sich die Preise wieder normalisierten. Zudem sprach er sich für den raschen Ausbau erneuerbarer Energien aus, um das Klima zu schonen und zugleich unabhängiger von Lieferungen aus Rußland zu werden.
Etwa 55 Prozent der deutschen Erdgasversorgung wird aus Rußland importiert. Seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine hat die EU diverse Sanktionen gegen den Kreml verabschiedet. Zuletzt hat Rußland die Gaslieferungen nach Deutschland um 60 Prozent gedrosselt. Schuld seien technische Probleme, hieß es von seiten des Staatskonzerns „Gazprom“. Experten vermuteten jedoch einen politischen Racheakt des Kremls. (st)