BRUESSEL. Großbritanniens Ankündigung, Teile des Brexit-Vertrages aufzukündigen, ist auf Protest gestoßen. Der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Maros Sefcovic, zeigte sich verärgert. „Nach zahllosen Stunden intensiver und präzisen Verhandlungen war das die einzige Lösung, die wir gemeinsam finden konnten, um den hart erkämpften Friedensprozess in Nordirland zu schützen“, heißt es in einer Stellungnahme.
Hintergrund ist die Nordirland-Regelung, die im Brexit-Vertrag zwischen Großbritannien und der Europäischen Union getroffen wurde. Das mit dem EU-Mitglied Irland verbundene Nordirland hätte als Teil des Königreichs die EU verlassen müssen. Umgekehrt hätte Irland eine EU-Außengrenze zu Nordirland gebildet. Damit war zu befürchten, daß der bisherige Kompromiss zwischen Gegnern und Befürwortern einer irischen Vereinigung neu aufflammt.
Möglichkeit eines Zollkrieges
In der bisherigen Absprache hatte die EU zugestanden, Nordirland weiterhin als Teil des EU-Binnenmarktes zu betrachten und in der Zollunion mit einzubeziehen. Umgekehrt mußte sich Großbritannien verpflichten, in dem eigenen Grenzverkehr mit der nordirischen Provinz EU-Regeln zu beachten. Diese Regelung will der konservative britische Premierminister Boris Johnson nun kippen.
Damit steht die Möglichkeit eines Wirtschaftskrieges zwischen Großbritannien und der EU im Raum. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bedauerte die Entscheidung seines britischen Amtskollegen. Er betonte, die EU werde in dieser Frage Geschlossenheit zeigen. „Und sie hat ihren ganzen Instrumentenkasten dafür zur Verfügung“, zitiert ihn ZDFheute. Eine Möglichkeit wären Strafzölle auf britische Produkte.
Auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) drohte mit Konsequenzen. „Frieden und Wohlstand auf der irischen Insel sind kein Spielball“, schrieb sie auf dem Nachrichtendienst Twitter und unterstellte Johnson einen Vertragsbruch „aus durchschaubaren, eigenen Motiven“: „Wir werden geschlossen auf diesen Vertrauensbruch reagieren.“ (JF)