BERLIN. Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen hat an die Unionsparteien appelliert, sich nicht länger gegen eine Impfpflicht für Pflege- und Gesundheitspersonal zu sperren. Das „parteipolitische Hickhack“ der Christdemokraten habe der Akzeptanz gegenüber der Maßnahme zur Pandemie-Bekämpfung schwer geschadet, kritisierte er am Freitag gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. CDU und CSU müßten nun „auf den Weg von Rechtsstaatlichkeit und Vernunft zurückkehren“.
Anlaß ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die geplante Impfpflicht im Gesundheitswesen nicht auszusetzen. Er erwarte nun von den Unionsparteien, die Regelung ab Mitte März in den von ihnen regierten Bundesländern umzusetzen.
Kretschmann will Teil-Impfpflicht umsetzen
In der grün-schwarzen baden-württembergischen Landesregierung war es zunächst zu Auseinandersetzungen wegen der geplanten Impfpflicht für Pflege- und Gesundheitspersonal gekommen. Die CDU hatte dafür plädiert, die Maßnahme zu überdenken. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kündigte hingegen an, die Teil-Impfpflicht trotz der Bedenken des Koalitionspartners umzusetzen.
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach sich zunächst gegen die Maßnahme aus. Seine Ablehnung begründete er mit der Sorge vor weiteren Engpässen in der Pflege. Inzwischen ruderte seine Partei zurück.
Unionsparteien plädieren für Impfvorsorgegesetz
Mittlerweile haben die Christdemokraten einen Antrag zur allgemeinen gesetzlichen Impfpflicht ausgearbeitet, der dem Spiegel vorliegt. Darin fordern sie ein Impfvorsorgegesetz. Statt einer sofortigen Pflicht, sich gegen das Coronavirus immunisieren zu lassen, soll es nach ihrem Willen ein „vorausschauendes und flexibles Konzept“ geben.
Teil ihrer Pläne ist zudem ein Impfregister. Dieses soll dabei helfen, Ungeimpfte bei künftigen Corona-Wellen gezielt zu kontaktieren. „Sich jetzt final für oder gegen eine Impfpflicht zu entscheiden, ist wie Schießen bei Nebel und schlechter Sicht“, begründete der CDU-Bundestagabgeordnete Thomas Heilmann den Vorstoß.
Ampel-Parteien planen Nachweispflicht für Volljährige
Zuvor hatten sieben Parlamentarier der Ampel-Parteien einen Gesetzentwurf vorgelegt, nach dem bis Oktober alle in Deutschland lebenden Volljährigen vorweisen müßten, dreimal geimpft oder geimpft und genesen zu sein.
Heute stellen wir unser Gesetz für eine #Impfpflicht für Erwachsene vor. Die Impfpflicht bedeutet vorausschauendes und solidarisches Handeln für die Freiheit von uns allen. Wir wollen informieren, beraten & vorsorgen, um einen weiteren Pandemie-Winter zu verhindern. Die Details: pic.twitter.com/V0aMLjfDlU
— Janosch Dahmen (@janoschdahmen) February 11, 2022
Ausgenommen von der Bestimmung wären Personen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können und Frauen zu Beginn der Schwangerschaft. Das Gesetz soll zunächst bis Ende 2023 gelten und dann alle drei Monate auf seine Wirksamkeit hin überprüft werden.
Freiheit bedürfe Solidarität aller
„Wenn wir warten, bis die nächste Infektionswelle in Sichtweite ist, ist es für vorausschauendes Handeln zu spät. Dann läßt sich die Bevölkerung, läßt sich unser Gesundheitssystem wieder nur mit einschränkenden Maßnahmen schützen“, verdeutlichten die Initiatoren. Freiheit für alle bedürfe der Solidarität aller.
Die FDP hatte im Dezember einen Antrag gegen eine allgemeine Impfpflicht vorgelegt. In einem weiteren Gesetzentwurf von FDP- und Grünen-Bundestagsabgeordneten wurde eine Impfpflicht für Personen gefordert, die über 50 Jahre alt sind. (zit)