BERLIN. Die Berliner Senatsverwaltung für Inneres hat personelle Konsequenzen für den Landesverfassungsschutz angekündigt. Hintergrund ist ein Bericht der JUNGEN FREIHEIT über eine Analyse der Behörde zur Einstufung der AfD als „Verdachtsfall“. Die Senatsverwaltung bestätigte am Mittwoch die Echtheit des Dokuments, teilte aber mit, es handle sich dabei nicht um einen „finalisierten Zwischenbericht“, sondern um „einen noch laufenden, ergebnisoffenen Vorgang“.
Die Berliner AfD zweifelte nach der JF-Berichterstattung Gerüchte an, wonach das Bundesamt für Verfassungsschutz kommende Woche die gesamte Partei zum „Verdachtsfall“ erklären werde. In entsprechenden Zeitungsartikeln hieß es, der Großteil der Verfassungsschutzämter sei sich darüber einig.
„Personelle Konsequenzen in der Abteilung II“
Ein Sprecher von Innensenator Andreas Geisel (SPD) sagte der Berliner Zeitung: „Die AfD macht den billigen Versuch, aus dem Entwurf eines Zwischenberichts einen Abschlußbericht zu machen.“ Zudem sei die Behauptung, Geisel habe persönlich interveniert, „absolut haltlos und falsch“. Vielmehr weise der Zwischenbericht „methodische Mängel“ auf, die vorhandenen Erkenntnisse seien nicht nach den für den Verfassungsschutz geltenden Standards bewertet worden.
Weil die als „Verschlußsache“ eingestufte Zwischenanalyse an die Öffentlichkeit gelangte, werde die Senatsverwaltung wegen Geheimnisverrats Strafanzeige gegen unbekannt stellen. „Unabhängig davon werden wir personelle Konsequenzen in dem betroffenen Bereich der Abteilung II ziehen.“
„Flügel“-Einfluß gering, Nähe zu Wahlen
In der Analyse, über die die JF zuerst berichtet hatte, heißt es unter anderem, der Einfluß des formal aufgelösten „Flügels“ sei in der Berliner AfD sehr gering. Zudem wird darin vor der zeitlichen Nähe zu Wahlen gewarnt. „Im Vorfeld von Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus sowie zum Deutschen Bundestag im September 2021 sollte eine Einschätzung zur Frage, ob es sich bei der AfD Berlin um einen extremistischen Verdachtsfall handelt, besonders sensibel angegangen werden. Denn eine unzutreffende Etikettierung als ‘extremistisch’ könnte zu einer nachhaltigen Wettbewerbsverzerrung führen.“
AfD fordert Rücktritt von Geisel
Mit dieser Schlußfolgerung widersprechen die Autoren der Einschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutz, wonach die Beobachtung der gesamten AfD gerechtfertigt sei, da der „Flügel“ innerparteilich an Macht hinzugewonnen habe.
Der kommissarische Chef des AfD-Landesverbandes Berlin, Nikolaus Fest, teilte zu den Ankündigungen mit: „Mehr Doppelmoral geht nicht: Während die Linksparteien Leute wie Edward Snowden oder Julian Assange feiern, wenn sie über verheimlichte Skandale aufklären, empören sich dieselben Leute nun über ehrliche Beamte. Sofort wird der Ruf nach Versetzungen und Strafverfolgung laut.“ So solle die eigentliche Geschichte von der offensichtlichen Unschuld der AfD vergessen gemacht werden. „Gehen muß nicht der Beamte, der sich der Wahrheit verpflichtet fühlt, sondern der ideologisch getriebene Innensenator Geisel, der versucht, im Superwahljahr die AfD zu kriminalisieren.“
AfD fordert Verfassungsschutz-Reform
Der AfD-Co-Vorsitzende Jörg Meuthen sagte: „Daß die AfD Berlin keinerlei Anhaltspunkte für eine Einstufung als Verdachtsfall bietet, ist für mich ebenso selbstverständlich, wie es für SPD-Innensenator Heiner Geisel offenbar unerträglich ist.“ Der Verfassungsschutz werde politisch instrumentalisiert.
Alexander Wolf, der Beisitzer im Bundesvorstand der AfD und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Verfassungsschutz ist, ergänzte: „Das Berliner Beispiel zeigt, wie der Inlandsgeheimdienst für den Kampf gegen die AfD als Oppositionspartei im Superwahljahr 2021 parteipolitisch mißbraucht wird. Das muß umgehend ein Ende haben. Eine Reform des Verfassungsschutzes, die diesen von politischer Einflußnahme unabhängig macht, ist dafür unabdingbar.“ (ls)