BERLIN. Nach dem Brand im Flüchtlingslager Moria haben die Oberbürgermeister von zehn deutschen Städten in einem offenen Brief an Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) ihre Bereitschaft zur Aufnahme der Migranten erklärt. „Wir sind bereit, Menschen aus Moria aufzunehmen, um die humanitäre Katastrophe zu entschärfen“, zitiert das Redaktionsnetzwerk Deutschland aus dem Schreiben.
Zu den Unterzeichnern gehören die Stadtoberhäupter von Düsseldorf, Köln, Hannover, Freiburg, Gießen, Göttingen, Krefeld, Bielefeld, Oldenburg und Potsdam. Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) betonte bereits zuvor auf Twitter: „Die Lage in Moria ist nicht zu ertragen. Köln hat mit vielen anderen Städten erklärt: Wir sind sichere Häfe. Wir können helfen.“
Die Lage in #Moria ist nicht zu ertragen. Wir dürfen und werden nicht wegschauen. Wir brauchen eine europäische Lösung JETZT. Köln hat mit so vielen anderen Städten erklärt: Wir sind sichere Häfen. Wir können helfen. HR
— Henriette Reker (@HenrietteReker) September 9, 2020
Deutschland und Frankreich haben angekündigt, gemeinsam mit anderen EU-Staaten 400 unbegleitete Minderjährige aus Moria aufzunehmen. Darauf einigten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Seehofer teilte am Freitag mit, daß zunächst 150 Kinder nach Deutschland geholt werden.
Erneute Brandstiftungen in Moria
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses und Kandidat für den CDU-Vorsitz, Norbert Röttgen, und weitere Bundestagsabgeordnete wandten sich ebenfalls an Seehofer. Sie forderten ihn laut Nachrichtenagentur dpa auf, „angesichts der furchtbaren Bilder aus dem brennenden Moria, Griechenland konkrete Hilfe anzubieten“. Es gehe jetzt nicht darum, eine gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik zu gestalten, sondern „offensichtliche menschliche Not zu lindern“.
Petition: Nein zur Flüchtlingsaufnahme aus Moria / Ja zur Hilfe vor Ort
Auch die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, unterstrich die Bereitschaft, die Flüchtlinge aus dem Lager aufzunehmen. „Ich erwarte vom Bundesinnenminister, daß er jetzt klar macht, die Bereitschaft muß auch umgesetzt werden“, verlangte sie im ZDF-„Morgenmagazin“. Man könne die Migranten auch nicht „in Geiselhaft nehmen mit der Begründung, einige hätten das Lager selbst angezündet.“ Die Grünen-Politikerin befindet sich seit Donnerstag auf Lesbos.
Unterdessen schloß der stellvertretende griechische Migrationsminister Giorgos Koumoutsakos aus, daß erwachsene Migranten die Insel Lesbos, auf dem sich das Lager Moria befindet, verlassen dürfen. Laut dpa sagte er griechischen Medien: „Wer denkt, er könne zum Festland und dann nach Deutschland reisen, der soll es vergessen.“ Derweil verstärkte die griechische Polizei ihre Präsenz auf der Insel, nachdem einige Migranten wiederholt Feuer in den Überresten ihrer Unterkünfte gelegt und Beamte attackiert hatten. (ag)