WIEN. Die Vereinigung „Jüdische österreichische HochschülerInnen“ (JöH) hat den Abriß des Denkmals für den ehemaligen Wiener Bürgermeister Karl Lueger (1844-1910) gefordert. Die Organisation richtete eine Petition an den amtierenden Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ).
Darin argumentiert die JöH, Lueger sei „der Begründer des politischen Antisemitismus“ gewesen. Das Standbild des christlich-sozialen Politikers auf dem ebenfalls nach ihm benannten Platz in der Wiener Innenstadt sei „für uns als junge Juden, für uns als Wiener unerträglich“. Es gebe keine Rechtfertigung für den Erhalt des Denkmals.
Lueger sei mit seinem Wirken Vorbild für Hitler gewesen. Daß er mit einer Statue geehrt werde, sei „eine Verhöhnung der Opfer“. Die Petition verlangt eine weitere Aufarbeitung der Wiener Geschichte. Dazu müßten „antisemitische Kontinuitäten weiter aufgelöst werden“.
Lueger modernisierte Wien
In den vergangenen Tagen war das Standbild für das ehemalige Stadtoberhaupt wiederholt mit Farbe beschmiert worden. Unbekannte schrieben „Schande“ auf den Sockel und hinterließen das Anarchistenzeichen.
Das Denkmal an den antisemitischen ehem. Wiener Bürgermeister Karl #Lueger wurde erneut mit roter Farbe übergossen und besprüht. Am Sockel prangt zu beiden Seiten das Wort Schande. pic.twitter.com/jB1JWD9rsS
— Presse Service Wien (@PresseWien) June 20, 2020
Karl Lueger war von 1897 bis 1910 Wiener Bürgermeister. In seine Amtszeit fallen umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen der österreichischen Hauptstadt. Wegen antisemitischer Aussagen reißt Kritik an seiner Person nicht ab.
Während der „Black Lives Matter“-Proteste wurden in den vergangenen Wochen in mehreren Ländern Denkmäler von angeblich rassistischen Persönlichkeiten der Geschichte geschändet oder zerstört. So waren unter anderem eine Statue des Entdeckers Christoph Kolumbus im US-Bundesstaat Virginia und die des ehemaligen britischen Premierministers Winston Churchill in London das Ziel der Attacken geworden. In Hamburg verübten Unbekannte einen Farbanschlag auf das Bismarck-Denkmal. (ag)