Viele Jahrzehnte schmückte der Sarotti-Mohr die Bar des Mannheimer Kulturhauses Capitol. 2018 störten sich dann auf einmal einige Besucher eines Veranstaltungsabends gegen sogenannten Altagsrassismus an der traditionellen Werbe-Dekoration.
Nach wochenlanger Debatte, einem extra geschaffenen Beratungsgremium und runden Tischen, kündigte die Veranstaltungsstätte eine Neugestaltung der alten Reklame-Installation an. Gestern luden die Betreiber nun zur großen Präsentation ins Foyer des Capitols ein, um diese der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Schuldbekenntnis eines weißen Deutschen
Unter großem Medieninteresse bespielte Geschäftsführer Thorsten Riehle schon in seiner Eröffnungsrede die ganz große Klaviatur der westlich-maskulinen Selbstkasteiung. „Ich selbst bin ein weißer, deutscher Mann und bin somit Mitglied der Mehrheitsgesellschaft in unserem Land und somit keinem Rassismus ausgesetzt, sagte der Chef des Event-Hauses, der gleichzeitig auch der Kulturpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Mannheimer Gemeinderat ist.
Er könne sich zwar nicht in die Lage derer versetzen, „die das erdulden müssen“, habe aber Verständnis für die Betroffenen, die sich an dem Mohr „nicht nur stören“, sondern für die es „eine Einschränkung bedeutet, wenn die Werbeanlage hängen bleibt“, und die deshalb eine Abhängung fordern, so der betont schuldbewußte Kulturmanager.
Man habe sich dennoch für einen anderen Weg entschieden. Eben jene künstlerische Neugestaltung, die an diesem Tag der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Mit dieser hatte man den künstlerischen Leiter des Hauses, Georg Veit, beauftragt. Ein weiterer weißer, deutscher Mann, der sich jeder Schuld bewußt war.
Sarotti-Mohr hinter Stoff
Der Grafiker sieht sich und sein Schaffen, so machte er in seiner Erläuterung deutlich, in der Tradition des Verhüllungskünstlers Christo. Spätestens in diesem Moment wurde auch dem letzten der anwesenden Medienvertreter bewußt, daß es sich bei dem mit schwarzer Kordel verschnürten Stoff über dem Objekt der politisch korrekten Empörung eben nicht um eine provisorische Verpackung handelte, mit der das Werk vor seiner Enthüllung vor neugierigen Blicken geschützt werden sollte, sondern bereits um das Werk an sich.
Das Verstecken der einstigen Leuchtreklame reflektiere „das, was Alltagsrassismus in unserer Gesellschaft tatsächlich ist. Nämlich nicht im Vordergrund. Nicht genug thematisiert.“ Nicht täglich da, wo er sein sollte, so der Künstler mit dem Kreativen-Schal um den Hals.
Am Ende ist die Geschichte des über 100 Jahre alten Sarotti-Mohrs damit im Mannheimer Capitol noch lange nicht. Die Verhüllung soll nur eine vorübergehende Installation sein. In jedem Jahr wird es von jetzt an eine neue Variante der Umgestaltung geben. Dazu jedesmal Aktionstage gegen Rassismus. Zwischen den jeweiligen Modifizierungen soll der Mohr immer wieder im alten Glanz oder, wie man in Mannheim wahrscheinlich sagen würde, in alter Schande erleuchten, um den Besuchern des Hauses „wieder bewußt zumachen“, wie schlimm die Zeiten einmal waren, bevor die allgegenwärtige politische Korrektheit uns vor unserer Unschuld erlöst hat.