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Nach WDR-Umweltsau-Skandal: Die Zeiten haben sich geändert

Nach WDR-Umweltsau-Skandal: Die Zeiten haben sich geändert

Nach WDR-Umweltsau-Skandal: Die Zeiten haben sich geändert

Kinderchor
Kinderchor
Der WDR-Kinderchor singt „Meine Oma ist ’ne alte Umweltsau“ Foto: WDR; Ausschnitt: Youtube
Nach WDR-Umweltsau-Skandal
 

Die Zeiten haben sich geändert

Viele linke Journalisten hadern damit, daß sie längst die Meinungshoheit verloren haben. Dank des Internets sind sie nicht mehr die Einzigen, die ihre Sicht der Dinge äußern können. Das hat sich einmal mehr beim Skandal um das „Umweltsau“-Lied des WDR eindrucksvoll gezeigt. Ein Kommentar von Jörg Kürschner.
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Welch ein Irrtum! Nein, Satire darf nicht alles. Da liegen alle Komiker, Unterhaltungskünstler, Journalisten und und und … völlig daneben. Satire, also die überspitzte oder verspottende Kritik an anderen Menschen, wird begrenzt durch das geschriebene Recht und den guten Geschmack.

Im Fall der Omas, die der WDR-Kinderchor, ermuntert von gewissenlosen Erwachsenen, pauschal als „Umweltsau“ verunglimpft hat, dürften Rechtsvorschriften, etwa das Grundgesetz (allgemeines Persönlichkeitsrecht) oder das Strafrecht (Beleidigung) zwar nicht verletzt worden sein. Verletzt fühlen sich aber in ihrem Ethos unzählige Menschen, die energisch gegen das mit ihren Steuergeldern finanzierte Video protestiert haben.

Sie verdienen unseren Respekt, weil sie der Generationenhetze des WDR die rote Karte gezeigt haben. Kinder wurden als „Botschafter für Klimagerechtigkeit“ für ein Feindbild von SUV-fahrenden und Koteletts-verspeisenden Omas schäbig instrumentalisiert. Da durfte der Komiker Jan Böhmermann natürlich nicht fehlen: „Wer sich jeden Tag billiges Discounterfleisch aufbrät, ist eine Umweltsau.“ Hier fällt der Vorwurf, die „Rechten“, die AfD spalte die Gesellschaft und nehme eine Verrohung der Sprache in Kauf, auf den WDR zurück.

Rasch zusammengezimmertes Feindbild

Das Feindbild wurde nachträglich noch gezielt verschärft durch einen Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Senders, der wörtlich getwittert hatte, daß „eure Oma keine Umweltsau“, sondern „eine Nazisau gewesen“ sei. Satire? Vielmehr eine widerliche Entgleisung, die aber angebliche Morddrohungen gegen den Mann keinesfalls rechtfertigt. Dessen fristlose Kündigung wäre angebracht, ungeachtet aller Solidaritätsadressen der Mainstream Medien für den offenbar der Antifaszene eng verbundenen Journalisten.

WDR-Intendant Tom Buhrow, seit dem 1. Januar auch ARD-Vorsitzender, könnte mit diesem klaren Schnitt zu Beginn seiner zweijährigen Amtszeit ein Zeichen setzen; neben seiner glaubhaften, mehrfachen Entschuldigung für den Skandal.

Daß diese Geste von der neuen SPD-Bundesvorsitzenden Saskia Esken als unsolidarisch gegenüber seinen Mitarbeitern kritisiert wird, zeigt einmal mehr, wie weit sich die SPD von den Wählern entfernt hat. Daß die Haltungsjournalisten jetzt versuchen, die Empörung über den WDR-Skandal umzudeuten in einen von den „Rechten“ inszenierten strategischen Protest gegen das öffentlich-rechtliche System, illustriert ein weiteres Mal die Armseligkeit im deutschen Journalismus.

Meinungsfreiheit gilt nicht nur für linke Journalisten

Schlüssige Beweise werden dafür nicht vorgelegt, statt dessen „Auswertungsfehler“ einer rasch zusammengeschriebenen „Analyse“ kleinlaut eingeräumt. Und wenn deren Autoren Recht hätten? Auch „Rechte“ dürfen demonstrieren, etwa vor dem WDR-Funkhaus in Köln, und ihren Unmut als mündige und Gebühren zahlende Bürger artikulieren. Oder gilt die derzeit viel diskutierte Meinungsfreiheit nur für linke Journalisten? Wohl kaum.

Deren Problem ist vielmehr, daß sie längst die Meinungshoheit verloren haben. Wo früher weitgehend unkommentiert aufgrund des Verbreitungsmonopols niveaulose Auffassungen veröffentlicht werden konnten, gibt es heute schon mal einen „Shitstorm“ wie im Fall des Umweltsau-Videos. Dank des Internets werden nicht mehr nur Rechtsverstöße sanktioniert, sondern auch Verletzungen des guten Geschmacks gerügt. Doch so stellen sich einige Medien die Meinungsfreiheit offenbar nicht vor.

Dabei hatte doch Bundespräsident Frank Walter Steinmeier den Deutschen jüngst eine Standpauke gehalten: „Die Behauptung, man dürfe in Deutschland seine Meinung nicht (mehr) frei aussprechen, ist ein längst ausgeleiertes Klischee aus der reaktionären Mottenkiste.“ Und das Staatsoberhaupt fuhr fort: „Wer sich aber öffentlich äußert, muß natürlich mit der Überprüfung seiner Aussage rechnen und mit Widerspruch. … Das nenne ich nicht Mainstream-Tugendterror, sondern Demokratie.“

Diese Rede, gehalten am 18. November 2019, sei den Mainstream-Medien nachdrücklich empfohlen. Sie haben Widerspruch auszuhalten, die Zeiten haben sich geändert. Meinungsfreiheit muß gewiß Zumutungen ertragen, auch Provokationen, nicht aber Beleidigungen und Diffamierungen unter dem Deckmantel der Satire.

Der WDR-Kinderchor singt „Meine Oma ist ’ne alte Umweltsau“ Foto: WDR; Ausschnitt: Youtube
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