BERLIN. Der Deutsche Richterbund und die Deutsche Polizeigewerkschaft haben mit Blick auf die Zahl eingestellter Verfahren vor einer gravierenden Überbelastung der Staatsanwaltschaften gewarnt. Wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte, war im vergangenen Jahr fast jedes vierte Ermittlungsverfahren (24,7 Prozent) „ohne Auflage“ eingestellt worden.
Diese hohe Zahl sei ein deutlicher Hinweis auf die viel zu starke „Belastung der Staatsanwaltschaften“, sagte der Geschäftsführer des Richterbundes, Sven Rebehn, am Freitag der Bild-Zeitung. Es gehe vor allem um Fälle, bei denen die Staatsanwaltschaft zwar einen Verdacht gegen einen Beschuldigten habe, das Verfahren aber beispielsweise wegen „Geringfügigkeit“ oder als „unwesentliche Nebentat“ einstelle.
Auch Verwaltungs- und Sozialgerichte betroffen
Der Berliner Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Bodo Pfalzgraf, kritisierte: „Die Anzeigen wegen Ladendiebstahls, die wir mühsame aufnehmen, sind meistens für die Tonne.“ Laut der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik wurden im vergangenen Jahr in Deutschland 339.021 Ladendiebstähle registriert. Die Aufklärungsquote lag bei rund 92 Prozent. Allerdings landete ein Großteil davon dem Blatt zufolge nicht vor Gericht.
Betroffen seien aber auch Verwaltungs- und Sozialgerichte. Klagen von Asylbewerbern und Hartz-IV-Empfängern überschwemmten demnach die Behörden. 2018 wurde gegen mehr als jeden zweiten Asylbescheid (53,6 Prozent) Klage eingereicht. Rund 612.000 Widersprüche und rund 110.000 Klagen von Sozialhilfeempfängern mußten bearbeitet werden. (ls)