Martin Sonneborn ist durch und durch Westdeutscher, ein Kind der Bonner Republik. Geboren 1965 in Göttingen, aufgewachsen in Osnabrück und studiert in Münster und West-Berlin, ist er ein Sproß der achtziger Jahre. Geprägt vom Wohlstand und den in Wahrheit harmlosen politischen Plänkeleien jener Zeit, gehört er einer Generation an, die nichts ernst nahm und allem einen ironischen Dreh gab.
Damit paßte er perfekt zum Satiremagazin Titanic, das schon ein bißchen altbacken war, als Sonneborn Mitte der Neunziger sein Chefredakteur wurde. Da machte er immer noch Witze über Uwe Barschel in der Badewanne und am liebsten über „Ostdeutsche“, die ihm immer fremd geblieben sind. Im Film „Heimatkunde“ präsentierte er noch 2008 neunzig Minuten lang Bestätigungen für seine Ossi-Sterotypen – die „Qualitätsmedien“ kriegten sich nicht mehr ein vor Begeisterung.
Applaus der etablierten Medien
Sonneborns Humor besteht darin, Leute vorzuführen, denen er intellektuell überlegen ist. Für Menschen ohne universitäre Weihen und sein Bildungsniveau fehlt ihm offenbar jede Empathie. Er ist die Stimmungskanone des linksliberalen Bionade-Bürgertums, das mit Titanic „erwachsen“ geworden ist und das vor Wonne quiekt, wenn ihr Rudelführer ihm einen geistig uneloquenten Deppen vorwirft.
Mitunter aber gelangen auch satirische Glanzlichter, etwa seine klamaukigen Wahlkampfauftritte als Scheinkandidat verschiedener Parteien. Da lag die Gründung des Spaßprojektes „Die Partei“ („… die hat immer recht!“) nah. Inzwischen hat sich der Gag mit dem erneuten Einzug ins EU-Parlament am 2. Juli verselbständigt. Zuweilen macht Sonneborn den Eindruck, daß ihn die Eigendynamik überfordert, wenn ihm für Augenblicke die gewohnte Souveränität und sein stets leicht höhnischer Habitus verrutscht.
Vielleicht irritiert ihn auch, daß ihm die etablierten Medien applaudieren, denen er in der Titanic-Rubrik „Briefe an die Leser“ gerne eingeschenkt hat. Seit er im öffentlich-rechtlichen Anstaltsfernsehen Persona gratissima ist, hört man auch nichts mehr von seinen Anti-GEZ-Kampagnen. Die alte Tante Titanic ist heute längst vom Satireblog „Der Postillon“ an Witz und Aktualität überholt worden und wirkt wie ein Fossil.
Gut dotierter Hofnarr
Sonneborn bemüht sich beständig, im Brüsseler EU-Zirkus den Quertreiber und Subversiven zu geben. Doch so sehr er sich abstrampelt, das Establishment will sich einfach nicht über seinen mit Steuern gut dotierten Hofnarren ärgern. Dafür bezieht er ab und zu – und das ist nun wirklich sehr lustig – Prügel von politisch oberkorrekten „Ernstnehmern“, die ihn wegen irgendwelchem Quatsch „Homophobie“ oder „Rassismus“ vorwerfen.
Viele Linke werden konservativ oder zumindest erwachsen, sobald sie Kinder und Verantwortung haben. Den zweifachen Vater Sonneborn scheint dieser Prozeß noch zu erwarten. Wird schon, viel Glück!