BERLIN/ CARACAS. Bis zum 2. Januar hatte der venezolanische Militärstaatsanwalt Zeit, Anklage gegen den deutschen Journalisten und Kriegsreporter Billy Six zu erheben. Das ist, wie sein Vater Edward Six dieser Zeitung mitteilte, bisher nicht erfolgt. „Er hat es nicht geschafft, in der vorgeschriebenen maximalen Frist von 45 Tagen Beweise für eine Anklage gegen unseren Sohn zu konstruieren“, sagte der Vater gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. „Damit muß selbst nach venezolanischem Recht Billy Six heute noch aus dem Gefängnis freigelassen werden.“
Six, der seit Jahren auch für die JF aus Krisengebieten berichtet, sitzt seit dem 17. November in dem berüchtigten Geheimdienstgefängnis El Helicoide in Caracas ein. Ihm werden Spionage, Anstiftung zur Rebellion und Übertretung von Sicherheitszonen vorgeworfen. Er hat bisher keinen Anwalt, keinen Kontakt zur Außenwelt und keinen Besuch eines Mitarbeiters der deutschen Botschaft in Venezuela erhalten.
Reporter ohne Grenzen kritisiert Inhaftierung
Die Vereinigung Reporter ohne Grenzen (ROG) setzt sich für Billy Six ein und fordert seine Freilassung: „Die hanebüchenen Vorwürfe sind ein deutliches Zeichen dafür, daß Billy Six aufgrund seiner journalistischen Tätigkeit in Haft sitzt“, äußerte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Zudem gibt es keine Grundlage dafür, ihn als Zivilisten vor ein Militärgericht zu stellen. Das ist eine grobe Verletzung der venezolanischen Gesetze und der internationalen Verpflichtungen des Landes.“
Das Netzwerk beschreibt die Verhältnisse, unter denen Journalisten in Venezuela arbeiten müssen, folgendermaßen: „Venezuelas Medien sind politisch extrem polarisiert. Dutzenden lokalen Radio- und Fernsehsendern wurden „aus technischen und administrativen Gründen“ die Lizenzen entzogen. Zugleich werde der Auf- und Ausbau eines staatlich kontrollierten Rundfunksystems forciert. Die selektive Anwendung weit auslegbarer Gesetze begünstige Selbstzensur. Besonders in Zeiten politischer Spannungen seien Journalisten und Blogger Bedrohungen und Hetzkampagnen unterschiedlicher Lager ausgesetzt. Zudem müßten alle Rundfunksender jederzeit kurzfristig und in voller Länge Regierungsverlautbarungen ausstrahlen.“ Billy Six drohen 28 Jahre Haft. (mec)