BERLIN. Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth hat nach dem Mord an der 14 Jahre alten Susanna vor einem härteren Kurs in der Asylpolitik gewarnt. „Wir sollten nun nicht so tun, als seien Geflüchtete per se krimineller als Deutsche“, sagte Roth der Welt. Gute Integration sei möglich, brauche aber Zeit und koste Geld. Dennoch sei sie eine Chance für alle Seiten, betonte die Grünen-Politikerin.
„Allerdings verspielen wir diese Chance, wenn wir immer nur auf Abschreckung setzen oder wenn wir Vokabular und Strategie der AfD mehr und mehr kopieren – wie es vor allem die CSU tut.“ Natürlich müsse die Union versuchen, einen Teil der AfD-Wähler zurückzugewinnen. „Aber das tut sie nicht, indem sie noch härtere Positionen bezieht. Die Union wäre besser beraten, auf kluge Politiker wie Ruprecht Polenz zu hören, nicht auf die Hardliner.“
Roth warf der AfD zudem vor, den Mord an dem Mädchen politisch auszuschlachten. Sie sei entsetzt darüber, wie die Partei versuchte, die Tat zu instrumentalisieren. „Ich denke da insbesondere an die inszenierte Schweigeminute der AfD im Bundestag. Hier wurde mit voller Absicht gegen die Geschäftsordnung verstoßen, um die Ermordung eines 14jährigen Mädchens für politische Zwecke zu mißbrauchen. Und einige AfD-Kollegen stehen dann auch noch da und grinsen breit, wie auf Fotos zu sehen ist. Mich stößt das ab.“
„Herzkammer unserer Demokratie“
Als Vizepräsidentin des Parlaments habe sie keine andere Wahl gehabt, als einzugreifen. Seitdem werde sie mit „Haß und Hetze überschüttet“, beklagte Roth. Doch damit könne sie umgehen. Es stoße sie nur ab, wenn Mitgefühl und Anstand in der „Herzkammer unserer Demokratie“ entwürdigt würden.
Unterdessen hat der 20 Jahre alte Iraker Ali B. die Ermordung von Susanna F. gestanden. Nach einem knapp sechsstündigen Verhör im Wiesbadener Polizeipräsidium sei er in Untersuchungshaft genommen worden, teilte die Polizei Westhessen am Sonntag auf Twitter mit.
Die Vergewaltigungsvorwürfe habe der abgelehnte Asylbewerber in der Vernehmung jedoch bestritten. Er habe die 14jährige nach einem Streit ermordet, weil er fürchtete, sie würde die Polizei informieren. Susanna F. kannte den jüngeren Bruder von B. Auf diese Weise kam sie auch mit ihrem späteren mutmaßlichen Mörder in Kontakt. Weitere Erkenntnisse zum genauen Tathergang sollen noch ausstehende Obduktionsergebnisse liefern.
Ausreisepapiere waren auf Arabisch und Englisch
Ali B. war nach seiner Flucht in den Nordirak von dortigen Sicherheitskräften verhaftet und am Sonnabend nach Deutschland ausgeliefert worden. Der Iraker war im Sommer 2015 mit seiner Familie nach Deutschland eingereist. Sein Asylantrag wurde im Dezember 2016 abgelehnt. Dagegen hatte er geklagt. Das Verfahren läuft noch. Bereits in der Vergangenheit war Ali B. wiederholt auffällig geworden, unter anderem mit Raub und Körperverletzungsdelikten. Auch attackierte er eine Polizistin und wurde deswegen in Gewahrsam genommen. Außerdem bestand gegen ihn noch der Vergewaltigungsvorwurf eines elfjährigen Flüchtlingsmädchens in einer Asylbewerberunterkunft.
Ausreisen konnten Ali B. und seine Familie dank sogenannter Laissez-Passer-Papiere, die ihnen vom irakischen Konsulat in Frankfurt am Main ausgestellt worden waren. Auf diesen waren sein vollständiger Name sowie sein Geburtsdatum angegeben. Doch da der Iraker bei seiner Ausreise von Düsseldorf über Istanbul nach Erbil am 2. Juni noch nicht zur Fahndung ausgeschrieben war, konnte er die Kontrolle der Bundespolizei am Flughafen problemlos passieren.
AfD-Abgeordneter Münzenmaier trifft irakischen Botschafter
Zwar waren auf den Flugtickets andere Namen angegebenen als auf den vorgelegten Laissez-Passer-Papiere sowie den Aufenthaltsgenehmigungen für Deutschland der Familie, das wurde beim Boarding jedoch nicht kontrolliert. Anders als zuerst behauptet, waren die Laissez-Passer-Papiere jedoch nicht nur auf Arabisch, sondern auch auf Englisch.
Der AfD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Münzenmaier hat vom irakischen Botschafter in Deutschland, Dhia Hadi Mahmoud Al-Dabbass, eine Kopie von ihnen erhalten. Sie enthalten unter anderem ein Lichtbild sowie den Namen und das Geburtsdatum von Susannas Mörder. Auszüge der kopierten Laissez-Passer-Papiere liegen der JF vor. Laut Münzenmaier habe sich der irakische Botschafter am Montag verwundert darüber gezeigt, daß Ali B. überhaupt mit solchen Papieren in die Türkei hätte reisen können, da sie eigentlich nur für die direkte Einreise in den Irak vorgesehen seien.
Für Münzenmaier ist der Fall ein weiterer Beweis für die Notwendigkeit eines Untersuchungsausschusses zur Flüchtlingspolitik der Bundesregierung und deren Folgen. „Nach unzähligen Verfehlungen im BAMF zeigen sich auch hier Ermittlungspannen und Ungereimtheiten. Ein Untersuchungsausschuß zur Einwanderungspolitik ist nötiger denn je“, sagte der AfD-Bundestagsabgeordnete der JF. (krk/ag)