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Gesetzentwurf: Haß als Verbrechen

Gesetzentwurf: Haß als Verbrechen

Gesetzentwurf: Haß als Verbrechen

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Facebook (Symbolbild) Foto: picture alliance / dpa
Gesetzentwurf
 

Haß als Verbrechen

Weite Teile des Gesetzentwurfs von Justizminister Heiko Maas (SPD) zur Bestrafung von Haßkommentaren in sozialen Netzwerken sind rein ideologisch motiviert und darüber hinaus verfassungswidrig, denn nicht der Bund, sondern die Länder sind für die Regulierung der Medien zuständig. <>Ein Kommentar von Ralf Höcker.<>
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Stellen Sie sich vor, Ihr Nachbar sei ein verliebter Stalker. Er filmt Sie heimlich durch das Schlafzimmerfenster, wenn Sie im Bett liegen. Ihre minderjährigen Kinder filmt er beim nackten Spielen im Garten. Die Videos lädt er auf Youtube hoch und untertitelt sie mit freundlichen Worten. Er beobachtet jeden Schritt, den Sie tun und dokumentiert ihn im Netz. Dort kann man nachlesen, wann Sie das Haus verlassen, wann Sie von Ihrer heimlichen Affäre Besuch erhalten und an welchen Krankheiten Sie leiden. Denn Ihr Nachbar durchwühlt auch Ihren Müll und findet dort Ihre leeren Medikamentenpackungen. All dies tut er aus Zuneigung. Er sorgt sich halt um Sie.

Doch Ihr Nachbar mag nicht alle Menschen so gerne wie Sie. Die Grünen-Politikerin Claudia Roth haßt er regelrecht. Er hat gelesen, daß man laut dem Oberlandesgericht Köln (Beschl. v. 07.04.2016, Az. 15 W 14/16) äußern darf, Frau Roth habe an Silvester in Köln „mitvergewaltigt“. Auf Facebook schießt er daher deutlich über das Erlaubte hinaus und nennt Roth eine „dumme Vergewaltigersau“.

Meinungsfreiheit muß hintanstehen

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat gerade einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der Frau Roth helfen würde, Ihnen aber nicht. Denn leider hat Ihr Nachbar Ihnen nicht das Schlimmste angetan, was man aus Sicht linker Ideologen tun kann: Er hat zwar allerlei Straftatbestände und zivilrechtliche Normen verletzt (Schwamm drüber!), aber er hat eben keine „Hate Speech“ von sich gegeben.

Frau Roth dagegen hat er sehr wohl zum Opfer von „Haßrede“ gemacht. Beleidigende Postings wie das mit der „dummen Vergewaltigersau“ wird sie künftig schnell und einfach entfernen lassen können. Denn soziale Netzwerke müssen nach Maas´ Willen „Haß und Hetze“, die den objektiven Tatbestand ausgewählter Strafgesetze erfüllen, innerhalb einer Woche nach Eingang einer Beschwerde löschen, in offensichtlichen Fällen innerhalb von 24 Stunden.

Tun sie es nicht, drohen Bußgelder gegen das soziale Netzwerk, aber auch gegen dessen Manager, die aus diesem Eigeninteresse sicher alles löschen werden, was auch nur entfernt rechtswidrig sein könnte. Meinungsfreiheit? Die muß im Zweifel hintanstehen. Lieber einmal zuviel gelöscht, als einmal zuwenig. Da wird sich auch der Facebook-Verantwortliche selbst der Nächste sein.

Beschränkung auf Haßreden ist willkürlich

Die Bußgelder soll eine Behörde des Justizministeriums verhängen. Die eigentliche Überwachung der Netzwerke muß sie aber nicht übernehmen. Diese Aufgabe darf sie an eine „Stelle“ delegieren. Welche „Stelle“ das sein soll, sagt der Gesetzesentwurf nicht. In Betracht kommen also auch private Institutionen wie die umstrittene Amadeu-Antonio-Stiftung, die sich vornehmlich „gegen Rechts“, nicht aber gegen Linksextremismus engagiert, bei „Haßbotschaften“ schon lange eng mit dem Justizministerium zusammenarbeitet und mit Anetta Kahane eine Gründerin vorweisen kann, die acht Jahre lang als Stasi-IM Menschen aus ihrem Umfeld bespitzelt und auch Personen belastet haben soll.

Ob Maas sich die Erfahrung dieser Stiftung zunutze machen will, ist nicht bekannt, aber zu befürchten. Jeden Tag werden in sozialen Medien Unwahrheiten, Beleidigungen, nicht ausreichend fundierte Verdächtigungen und Verletzungen der Privat- oder Intimsphäre verbreitet. Nur selten beruhen diese Rechtsbrüche auf „Haß“. Die Beschränkung auf Haßreden ist schon deshalb ebenso unsinnig wie willkürlich. In einem hat Maas jedoch recht: Nicht immer ist es einfach, die Netzwerke zum Löschen zu veranlassen, wenn sie ihren Sitz etwa in den USA haben.

Soziale Netzwerke müßten daher verpflichtet werden, eine Zustelladresse in Deutschland vorzuhalten. Dann könnte man sie vor deutschen Gerichten ohne großen Aufwand zwingen, Rechtsverletzungen abzustellen. Und zwar alle und nicht nur „Haßreden“. Maas´ Entwurf sieht tatsächlich vor, einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen. Gut so! Aber mehr als diesen Paragraphen brauchen wir auch nicht. Das ganze übrige Gesetz ist rein ideologisch motiviert und obendrein verfassungswidrig, denn nicht der Bund, sondern die Länder sind für die Regulierung der Medien zuständig.

Unterdrückung unliebsamer Meinungen

Das Gesetz ist damit eine Totgeburt, die das Kunststück fertigbringt, in ihrem Anwendungsbereich über das Ziel hinauszuschießen und gleichzeitig zahlreiche Regelungs- und Schutzlücken zu hinterlassen. Zu Recht wird es daher von Juristen, Journalisten, Netzaktivisten und Branchenverbänden kritisiert. Unterstützung kommt dagegen von Renate Künast (Grüne), die meint, der Gesetzesentwurf gehe noch nicht weit genug. Man dürfe sich nicht auf strafbare Inhalte beschränken. Denn viele Haßbotschaften befänden sich im „Graubereich“.

Mit „Graubereich“ meint sie zulässige, vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit geschützte Äußerungen. Auch die möchte sie allen Ernstes gelöscht wissen. Selbstverständlich stünde einem derart verschärften Gesetz die Verfassungswidrigkeit auf die Stirn geschrieben. Deutlicher als Frau Künast kann man kaum ausdrücken, worum es wohl wirklich geht: nicht um die Verhinderung von Rechtswidrigem und Strafbarem, sondern um die Unterdrückung unliebsamer Meinungen über Gruppen, denen seit jeher die besondere Fürsorge politisch korrekter Gesinnungswächter gilt.

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Dr. Ralf Höcker ist Anwalt für Medienrecht und Professor an der Cologne Business School. Er vertrat unter anderem Jörg Kachelmann und den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.

Facebook (Symbolbild) Foto: picture alliance / dpa
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