BERLIN. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat das Anti-Erdogan-Gedicht des ZDF-Moderators Jan Böhmermann verurteilt. Böhmermann hatte dem türkischen Staatschef in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ unter anderem Sodomie, Kinderschändung sowie Geschlechtskrankheiten unterstellt.
Merkel nannte den Beitrag in einem Gespräch mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu am Sonntag „bewußt verletzend“, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. Zudem habe die Kanzlerin deutlich gemacht, daß in Deutschland zwar Presse- und Meinungsfreiheit herrsche, diese jedoch nicht schrankenlos seien, berichtet die Nachrichtenagentur dpa.
ZDF übte Selbstzensur
Die Sendung war bereits am vergangenen Donnerstag auf dem Spartensender ZDFneo ausgestrahlt worden. Später entschuldigte sich der Sender dafür und ließ das Gedicht für Mediathek und Wiederholungen aus der Sendung tilgen.
Die Linkspartei warf dem ZDF Anbiederung an einen „Dikator“ vor. „Was das ZDF gemacht hat, ist Zensur“, sagte der medienpolitische Sprecher der Partei im Bundestag, Harald Petzold. Die CSU dagegen attackierte das „Gedicht“. „Wir sollten unsere Pressefreiheit gegenüber jedermann konsequent verteidigen. Wenn aber ein Machwerk wie dieses ausschließlich Beleidigungsabsicht hat, muß es Formen der öffentlichen Distanzierung geben“, sagte der CSU-Bundestagabgeordnete Hans-Peter Uhl.
Hintergrund ist ein Streit um ein Lied der Satire-Sendung „extra 3“, in dem Erdogan scharf kritisiert wurde. Die Türkei bestellte daraufhin den deutschen Botschafter ein. Politiker aller Parteien hatten daraufhin die Meinungs- und Pressefreiheit in Deutschland verteidigt. (ho)