HAMBURG. Im Rechtsstreit um mögliche Stasi-Kontakte des Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei im Bundestag, Gregor Gysi, zeichnet sich ein Konflikt innerhalb der Hamburger Staatsanwaltschaft ab. Ein Dezernent hat bei Hamburgs Justizsenator Till Steffen (Grüne) Beschwerde gegen Generalstaatsanwalt Lutz von Selle eingelegt. Der Sachbearbeiter hält von Selles Weisung, Anklage gegen Gysi wegen falscher eidesstattlicher Aussage zu erheben, für rechtswidrig.
Grund der Weigerung ist nach Berichten der Süddeutschen Zeitung mangelnder Tatverdacht. Steffen muß entscheiden, ob er von Selles Weisung für rechtswidrig hält. Die Beschwerde ist ein bisher in der Bundesrepublik einmaliger Vorgang.
Klage von DDR-Bürgerrechtlern
Von Selle hält die eidesstattliche Versicherung Gysis für falsch, „zu keinem Zeitpunkt über Mandanten oder sonst jemanden wissentlich und willentlich an die Stasi berichtet“ zu haben. Mit dieser hatte sich Gysi 2011 vor dem Hamburger Landgericht gegen die Darstellung in der NDR-Produktion „Die Akte Gysi“ gewehrt, unter dem Decknamen „IM Notar“ und „IM Gregor“ mit der Stasi kooperiert zu haben. Daraufhin zeigten ein pensionierter Richter und die frühere DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld (CDU) Gysi an.
Daß Gysis Versicherung falsch war, legen im Jahr 2013 entdeckte Dokumente der Stasi-Unterlagen-Behörde nahe. Nach Recherchen der Welt erstattete Gysi nach einem Gespräch mit einem damaligen Spiegel-Korrespondenten zwei Offizieren der DDR-Staatssicherheit Bericht.
Außerdem habe das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) „IM Notar“ für seine Verdienste urkundlich geehrt. Folglich verberge sich hinter diesem Decknamen eine konkrete Person. Dies widerspräche Gysis Behauptung, „IM Notar“ sei ein Sammelbegriff für unterschiedliche Quellen. (cop)