MÜNSTER. Eine Studie des Instituts für Kriminalwissenschaften an der Universität Münster will herausgefunden haben, daß Jugendliche aus Einwandererfamilien nicht krimineller sind als deutsche Jugendliche. Laut dem Kriminalwissenschaftler Christian Walburg begingen ausländische Jugendlich und Jugendliche mit einem sogenannten Migrationshintergrund nicht zwangsläufig mehr Straftaten als ihre deutschen Altersgenossen.
Daß ausländische Jugendliche überproportional in den Kriminalstatistiken vertreten seien, hinge auch damit zusammen, daß sie gegen bestimmte Regelungen wie das Aufenthalts- und Einwanderungsrecht verstoßen könnten, was deutschen Jugendlichen gar nicht möglich sei. Allerdings gestand Walburg ein, daß in der Kriminalitätsstatistik nicht zwischen ursprünglichen Deutschen und eingebürgerten Deutschen sowie Nachkommen aus Einwandererfamilien mit deutschem Paß unterschieden werde.
Höheres „Kriminalisierungsrisiko“
Daß Jugendliche mit Migrationshintergrund dennoch proportional häufiger in den Kriminalitätsstatistiken auftauchten als deutsche Jugendliche, hänge laut dem Wissenschaftler nicht unbedingt damit zusammen, daß sie mehr Verbrechen begingen, sondern daß Opfer von Straftaten bei ausländischen oder ausländischstämmigen Straftätern häufiger dazu neigten, diese anzuzeigen, als wenn der Täter ein Deutscher war. Dadurch unterlägen Jugendliche mit Migrationshintergrund einem höheren „Kriminalisierungsrisiko“.
Auch hätten Studien gezeigt, daß Verkaufs- und Überwachungspersonal aufgrund „von Stereotypen bei Migrantenjugendlichen“ aufmerksamer seien, wodurch Diebstähle bei dieser Gruppe häufiger bemerkt würden.
Dennoch gebe es bestimmte ausländische Gruppen, die sogar weniger Diebstähle begingen als deutsche Jugendliche. „Besonders niedrige Diebstahlsraten finden sich regelmäßig bei türkischstämmigen Jugendlichen, wobei dies besonders auf Mädchen türkischer Herkunft zutrifft“, schreibt Walburg.
Hinzu komme, daß ein „weniger risikoreiches Freizeitverhalten und insbesondere ein geringerer Intensivkonsum von Alkohol“ das Risiko, Straftaten zu begehen, in manchen Migrantengruppen sogar deutlich verringerten.
Sozialen Bedingungen entscheidend
Zwar konnte auch Walburg nicht bestreiten, daß bestimmte Einwanderergruppen häufiger zu Gewalttaten neigten und eine stärkere Zustimmung zur Gewalt aufwiesen, ebenso, daß ausländische und ausländischstämmige Jugendlich überproportional unter den sogenannten Intensivtätern zu finden seien, dies hänge aber weniger mit der ethnischen Herkunft oder der Religionszugehörigkeit zusammen.
Vielmehr seien die sozialen Bedingungen, in denen die Jugendlichen lebten, dafür verantwortlich. Würden beispielsweise die ungünstigeren Bildungsbedingungen von Migrantenjugendlichen berücksichtigt, fielen die Unterschiede in der Gewalttätigkeit deutlich geringer aus. (krk)