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Notizen aus der Provinz

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Unwort, Umfrage, Alternativ

Vergangene Woche war es soweit. Der regionale Pressemonopolist fügte seiner Wochenendausgabe eine Sonderbeilage zum Thema Erster Weltkrieg bei, nett gemacht, zum Herausnehmen und vielleicht sogar zum Behalten. Das war zu erwarten, denn es ist dieser Weltkrieg schon seit dem letzten Jahr ein medialer Dauerbrenner.

Spätestens auf der Buchmesse ließ sich im Oktober ein völlig außergewöhnliches Interesse von Print, Funk und Fernsehen an neuer Information über 1914 beobachten, wobei mit „neuer Information“ unter anderem die unkorrekte Nachricht zu verstehen war: Deutschland hat den Krieg in keinem Fall allein zu verantworten. Es folgte eine Unzahl an Auftritten; vor allem dem Briten Christopher Clark boten fast sämtliche überregionale Zeitungen und auch das Fernsehen zur besten Sendezeit ein Medium zur Verbreitung dieser Botschaft.

So schlägt man denn zwar ohne allzu große Erwartung, aber doch mit gewisser Neugier sein Provinzblatt auf, wie sich diese ganze Aufregung wohl dort niedergeschlagen habe. Der Eindruck ist jedoch schnell ernüchternd: Er hat sich überhaupt nicht niedergeschlagen. Kein Clark, kein Herfried Münkler und auch kein anderer kritisch publizierender Historiker zum Thema werden auch nur erwähnt. Die Kriegskrise, so wird unverdrossen behauptet, sei im wesentlichen vom deutschen „Blankoscheck“ für Österreich ausgelöst worden.

Bollwerk bundesdeutscher Desinformation

Vom angegriffenen Serbien wird behauptet, dies sei nur „angeblich“ am Attentat auf den österreichischen Thronfolger beteiligt gewesen. Über Rußland weiß man nichts anderes zu sagen, als daß es sich für Serbien „verantwortlich“ gefühlt habe und von Frankreich, daß es eben mit Rußland verbündet gewesen und so schwerlich nein sagen konnte. Kriegsziele? Es werden nur deutsche Kriegsziele genannt. Mobilmachung? Die französischen und russischen Vorbereitungen seit dem 25. Juli 1914 werden verschwiegen, man setzt mit dem 28. Juli in Österreich ein.

Es ist müßig, die weiteren größeren und kleineren Fehler (Nein, das Memelland wurde in Versailles nicht an Litauen abgetreten, sondern internationalisiert, zur freien Verfügung über Mensch und Vieh durch die Siegermächte.) aufzuzählen. Was zählt, ist die sehr alte Erkenntnis, daß die bundesdeutsche Provinzpresse im Bereich der Zeitgeschichte ein zentrales Bollwerk der bundesdeutschen Desinformation geworden ist und die neue Erkenntnis, daß sie dies offenbar selbst gegen den Fortschritt im überregionalen Bereich zu bleiben gedenkt. Das ist dann doch auch wieder eine erstaunliche Notiz.

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Marc Jongen, ESN Fraktion
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