MAINZ. Knapp drei Wochen nach der Brandkatastrophe von Ludwigshafen erscheint Brandstiftung als Ursache immer unwahrscheinlicher. Beide türkischen Mädchen, die ursprünglich einen Brandstifter beim Zündeln beobachtet haben wollen, hätten ihre Aussage zurückgezogen, berichtete der Südwestrundfunk (SWR) am Freitag unter Berufung auf Ermittler vor Ort.
Demnach distanzierte sich eines der Mädchen bereits vor einer Woche von ihrer ursprünglichen Schilderung. In dieser Woche habe auch die zweite Zeugin ihre Aussage zurückgezogen, berichtete der SWR. Polizei und Staatsanwaltschaft waren am späten Freitagnachmittag zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Die acht und neun Jahre alten Mädchen sagten kurz nach der Brandkatastrophe in einem Fernsehinterview, sie hätten kurz vor Ausbruch des Brandes einen Mann beim Zündeln im Haus beobachtet. Dies war der einzige konkrete Hinweis auf eine Brandstiftung. Der Brand am Karnevalssonntag hatte in Deutschland und der Türkei großes mediales Aufsehen erregt und eine Debatte über Integration von Türken in Deutschland entfacht. Bei dem Unglück waren neun Menschen ums Leben gekommen. Die Ursache ist weiterhin unklar. Laut SWR wollen die Brandsachverständigen Mitte kommender Woche ihr Gutachten vorlegen.
Derzeit liegen keine Meldungen vor, nach denen sich türkische Medien für ihre voreiligen Mutmaßungen über einen angeblichen „Nazi-Anschlag“ entschuldigen wollen.
Stattdessen zeichnet sich neuer Streit zwischen der Türkei und Deutschland ab. Das türkische Innenministerium kritisiere den Umgang der deutschen Behörden mit dem Fall, berichtete die regierungsnahe Zeitung Zaman. Es sei unverständlich, daß die deutschen Ermittler trotz der Aussagen von fünf Zeugen nicht an Brandstiftung glaubten, sagten Vertreter des Innenministeriums dem Blatt zufolge.
Die vier nach Deutschland entsandten Experten der türkischen Polizei kehren laut Zaman Anfang nächster Woche in die Türkei zurück. Sie sollen für Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan einen Bericht anfertigen.
Türkische Diplomaten und Medien hatten bereits unmittelbar nach dem Brand von Ludwigshafen kritisiert, daß die deutschen Behörden einen fremdenfeindlichen Anschlag nicht in Betracht zögen.