Die kritische wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex des sogenannten Linksextremismus im weiten und explizit dem „Kampf gegen Rechts“ im engeren Rahmen läßt noch sehr zu wünschen übrig – dies sowohl quantitativ wie auch qualitativ. Allerdings scheint Bewegung in diesen Bereich zu kommen, Publizisten und Wissenschaftler entdecken langsam den Forschungskomplex „Antifaschismus“, und gemächlich mehren sich Untersuchungen und kleine Abhandlungen zu diesem viel zu lange vernachlässigten Thema.
Nun hat Ruth Römer ein Buch zur Situation an der Hochschule Bielefeld vorgelegt, das die 2003 virulente Affäre um die Ausschaltung des christdemokratischen Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann zum Ausgangspunkt ihrer Betrachtungen nimmt. Als Urheber der damaligen Kampagne werden das Internetportal hagalil und dessen freier Mitarbeiter, der PDS-Politiker Max Brym, benannt. Die Kampagne richtete sich bald auch gegen den Historiker Johannes Rogalla von Bieberstein, Autor des Buches „Jüdischer Bolschewismus“, der als Bibliotheksleiter an der Universität Bielefeld arbeitete. Das im Aula-Verlag erschienene Buch „Geistige Brandstifter von links“ richtet folglich seinen Blick auf die Verhältnisse an der Universität Bielefeld als einem offenbar nicht unwichtigen Austauschzentrum der radikalen Linken in Deutschland.
Die Beurteilung dieser Arbeit fällt allerdings zwiegespalten aus. Das Negative zuerst: Es fehlt weitenteils der analytische Zugang. Manche Äußerung bleibt noch im Stadium der Empörung über die von der dortigen Linken (radikale Studentengruppen und Hochschulbedienstete, zum Beispiel Wilhelm Heitmeyer) angerichtete Unbill stecken. Da wird etwa einmal reichlich lyrisch von einer „heulenden Wolfsmeute“ gesprochen. Seltene falsche Einschätzungen zeigen zudem, daß die Herausgeberin und ihre Mitarbeiter stellenweise noch etwas zu wenig in der Materie stecken bzw. zu sehr gängigen Denkmustern verhaftet sind. Zum Beispiel wird erwähnt, daß die „antideutschen Antifaschisten“ nicht sonderlich als Judenfreunde bekannt seien. Hier ist das Gegenteil richtig. Die „Antideutschen“ sind die fanatischsten Vertreter des herrschenden Zeitgeistes und seiner völlig aus dem Maß gelaufenen „Vergangenheitsbewältigung“. Ebenfalls ist falsch, daß die Farbbeutel-Attacke gegen Joschka Fischer auf dem Bielefelder Grünen-Parteitag von 1999 „nicht bekannt geworden“ sei. Die Bilder gingen seinerzeit durch alle Medien.
Mehrfach wird zudem beklagt, warum die CDU nicht erkenne, daß sie „verunglimpft“ werde, daß sich die „Anti-Rechts“-Kampagnen doch gegen sie selber richteten. Diese in konservativen Kreisen immer wieder aufkommende romantische Verklärung verkennt völlig, daß die Union sehr gut mit den „Anti-Rechts“-Kampagnen leben kann. Sie trägt diese mit, und Wahlergebnisse zeigen, daß ihr die Kampagnen auch keinesfalls geschadet haben.
Kampagnen gegen Konservatismus und Nationalgedanken
Die „Anti-Rechts“-Kampagnen richten sich, das ist der feine Unterschied, gegen den Konservatismus und den Nationalgedanken – ob nun in oder außerhalb der Union. Jene Kreise der politischen Rechten sollen isoliert und kaltgestellt werden. Die CDU hat aber – nicht zuletzt durch die Hohmann-Kampagne – längst bewiesen, daß sie bestens ohne Konservative leben kann, allenfalls zur Sammlung des Stimmviehs werden somit gelegentlich ein paar Worthülsen in den Medien verbreitet.
Negativer als derlei nebensächliche Äußerungen wiegt allerdings, daß die Abhandlung in den ersten Kapiteln ohne wirklich erkennbare Gliederung arbeitet. Zwar existiert eine grobe Unterteilung in Großkapitel, aber innerhalb dieser fehlt die systematische oder chronologische Ordnung. Auf Seite sechzig etwa wird ein Zitat Klaus Rainer Röhls aus dem Jahr 2004 angeführt, um zu einer Äußerung einer Bielefelder Studentin aus dem MSB Spartakus von 1990 hinüberzuleiten. Es folgt ein Flugblatt des BWK von 1986, um schließlich wieder ins Jahr 1996 mit damaligen Thesen zum Steuermißbrauch zu springen. So wirken viele Seiten wie pure Ansammlungen von fast wahllos aneinandergereihten Begebenheiten und Zitaten, die einzeln betrachtet sicher interessant sind, als Gesamtdarstellung aber mangels inneren Zusammenhangs verwirren.
Positiv bemerkenswert ist hingegen, daß überhaupt eine derartige Studie entstanden ist. Die emeritierte Bielefelder Germanistik-Professorin Römer, Jahrgang 1927, hat eine große Fülle an Quellenmaterial zusammengetragen. Eine Fleißarbeit also, die bislang in dieser Form noch Seltenheitscharakter besitzt. Zudem richtet sich der Fokus des Blicks auf ein eng umgrenztes Untersuchungsgebiet. Dies wurde nicht milieuspezifisch, sondern regional ausgewählt. Auch dies ist selten, überwiegen doch leider bislang immer noch die bequemen essayistischen Klagen über das allgemeine Wirken der „Antifa“, ohne in die gebotene Tiefe des Stoffes zu gehen und dabei auch Namen zu nennen. Die Universität Bielefeld steht durchaus als „pars pro toto“, die genauen Betrachtungen der dortigen Hochschulseilschaften und deren Tuns aber ermöglichen den Einblick in detailliertere Vorgänge. So wird denn das Buch gegen Ende stärker. Man spürt, daß die Herausgeberin und Autoren in den letzten Kapiteln weitaus besser im Stoff sind. Die örtliche Kampagne gegen von Bieberstein wird sehr anschaulich und ohne die vorherigen unchronologischen Zitatverrenkungen dargelegt. Ähnlich gelang die sehr eingehende Beschreibung von Säuberungsaktionen wider mißliebige Literatur in der hiesigen Universitätsbibliothek.
„Geistige Brandstifter von links“ ist sicherlich eine persönliche Abrechnung mit bestimmten regionalen Machenschaften. Darüber hinaus stellt das Buch aber auch eine Art Prototyp dar, wie die analytische Beschäftigung mit dem Phänomen „Antifaschismus“ in Zukunft aussehen könnte, beziehungsweise von welcher Basis aus sie nun weiterentwickelt werden könnte. Das ist zweifellos ein großes Verdienst des Buches.
Ruth Römer (Hrsg.): Geistige Brandstifter von links. Wie Anti-Demokraten an den Hochschulen den Ton angeben. Am Beispiel Bielefeld, Aula-Verlag, Graz 2007, broschiert, 200 Seiten, 14,90 Euro