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Abgesagter Vortrag: Ein Biologie-Grundkurs unter Polizeischutz

Abgesagter Vortrag: Ein Biologie-Grundkurs unter Polizeischutz

Abgesagter Vortrag: Ein Biologie-Grundkurs unter Polizeischutz

Marie-Luise Vollbrecht ist Doktorandin für Biologie an der Berliner Humboldt-Universität. Nach Drohungen und militanten Protesten von Trans-Aktivisten war ihr Vortrag über Zweigeschlechtlichkeit und Genetik vor zwei Wochen abgesagt worden Foto:picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka
Marie-Luise Vollbrecht ist Doktorandin für Biologie an der Berliner Humboldt-Universität. Nach Drohungen und militanten Protesten von Trans-Aktivisten war ihr Vortrag über Zweigeschlechtlichkeit und Genetik vor zwei Wochen abgesagt worden Foto:picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka
Marie-Luise Vollbrecht ist Doktorandin für Biologie an der Berliner Humboldt-Universität. Nach Drohungen und militanten Protesten von Trans-Aktivisten war ihr Vortrag über Zweigeschlechtlichkeit und Genetik vor zwei Wochen abgesagt worden Foto:picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka
Abgesagter Vortrag
 

Ein Biologie-Grundkurs unter Polizeischutz

Vor zwei Wochen ausgeladen, schließlich doch noch auf der großen Bühne: Die Biologin Marie-Luise Vollbrecht holte gestern unter Polizeischutz und großem Medieninteresse ihren Vortrag an der Humboldt-Universität nach. Es ging um Seeanemonen, Zackenbarsche und wieso es nur zwei Geschlechter gibt. Die JF war dabei.
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Die Humboldt-Universität in Berlin-Mitte: Vor dem großen Eingang in der Dorotheenstraße sitzen Polizisten im Mannschaftswagen. Menschen warten geduldig und lassen sich von Universitätsmitarbeitern im Gebäude die Taschen kontrollieren. Gefährliche Gegenstände, Flaschen und Rucksäcke größer als DIN A4 sind verboten. Erst nach bestandener Sicherheitsüberprüfung dürfen vorher via Internet angemeldete Besucher in den Hörsaal im dritten Stock. Der Grund für den Einsatz: Ein Biologievortrag über den Zackenbarsch und die Seeanemone. Genetik unter Polizeischutz.

Marie-Luise Vollbrecht ist Biologin, Doktorandin. Pünktlich um 17 Uhr betritt sie unter dem Applaus der 400 Zuhörer den Hörsaal im dritten Stock der Universität. Vorne die TV-Kameras, sogar das ZDF ist da. Der Saal ist gut gefüllt – zu einem großen Teil mit Journalisten. Wird es Übergriffe geben? Pfeifkonzerte? Wird das Podium gestürmt? Das biologische Geschlecht beinhaltet bei deutschen Intellektuellen, oder denen, die sich dafürhalten, politischen Sprengstoff, so scheint es. Vorab: alles bleibt ruhig. Und die Wissenschaftlerin stellt von vornherein klar, daß es ihr nur um Biologie ginge und sie keine Fragen weder der Zuhörer, noch der Presse beantworten werde: „Ich bin froh, wenn ich vor Aufregung nicht umkippe.“ Der ganze Saal lacht verständnisvoll.

Rückblick: Schon am 2. Juli, zur „Langen Nacht der Wissenschaften“, wollte die Doktorandin Vollbrecht interessierten Laien ihr Forschungsgebiet nahebringen, dazu den Vortrag: „Geschlecht ist nicht (Ge)schlecht: Sex, Gender und warum es in der Biologie zwei Geschlechter gibt“ halten. Doch die linksradikale Gruppe „Arbeitskreis kritischer Jurist*innen an der Humboldt-Universität zu Berlin“ machte dagegen mobil. Sie und auch Teile des Astas riefen im Internet zu Demos auf. Die Behauptung: „Queer und trans*feindlichen Ideologien“ sollte keine Bühne an der HU geboten werden, so der Arbeitskreis. Die Uni knickte sofort ein und setzte den Vortrag abSicherheitsbedenken. „Wir bedauern sehr, daß Frau Vollbrecht den Vortrag nicht halten kann“, sagte Birgit Mangelsdorf, die Kommunikationschefin der Hochschule, vor 14 Tagen der Welt am Sonntag. Die Entscheidung sei keine inhaltliche Aussage, sondern diene der reinen Sicherheit.

Diskussionsrunde einseitig besetzt

Doch diese Absage sorgte für enorme Empörung. Der Vorwurf der Transfeindlichkeit sei durch nichts gerechtfertigt, hieß es zum Beispiel in einer Stellungnahme des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit. Gremien wie die Studentenvertretungen würden offen versuchen, „Wissenschaftler aufgrund ihrer Auffassungen zu vertreiben und ihre Karriere zu beenden“. Aber der Terror der Linksradikalen, Queers und Trans-Aktivisten mit dem Ziel, Vollbrecht mundtot zu machen, ging, typisch Streisand-Effekt, nach hinten los. Vollbrecht hielt ihren Vortrag dann doch – nämlich auf YouTube. Unter dem Titel „Uni cancelt Evolutionsvortrag von Biologin“ ist er immer noch anzuschauen. Bisher wurde er mehr als 120.000 Mal aufgerufen.

Auch die Uni reagierte: Statt es bei der Absage zu belassen, setzte sie den Termin auf den gestrigen Abend, allerdings hatte die Sache einen kleinen Haken. Im Anschluß an den Vortrag hatte sie eine Podiumsdiskussion organisiert – mit Diskutanten. Da wären zu nennen: Die Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger, sie ist Volkswirtin, HU-Präsident Prof. Dr. Peter Frensch ist Psychologe, Prof. Dr. Martin Heger ist Jurist, Prof. Dr. Rüdiger Krahe ist Verhaltenspsychologe, Professor Dr. Kerstin Palm ist Biologin mit Schwerpunkt „Gender“ und „Science“, Heiner Schulze ist vom „Schwulen Museum“ in Berlin, Jenny Wilken von der deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität, die Moderation führt Jan-Martin Wiarda, Wissenschaftsjournalist für Tagesspiegel und die Zeit. Nun wird es nachvollziehbar, warum Vollbrecht an einer Debatte kein Interesse hatte. Sie begründete ihre Absage übrigens so: „Das Podium ist unausgewogen zusammengestellt.“ Zudem bekäme bei so vielen Teilnehmern nicht jeder genügend Raum, um sich zu äußern.

Genügend Raum verschaffte sich die Biologin anschließend selbst. Vollbrecht diskutierte mit dem Philosophen Prof. Uwe Steinhoff und dem Jugendpsychiater Dr. Alexander Korte über die Themen Geschlecht und „Cancel Culture“, sowie die Entwicklungen seit dem 2. Juli. Zu sehen ist der Film wieder auf YouTube und hat bisher, nach 16 Stunden, 2.773 Aufrufe.

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Marie-Luise Vollbrecht ist Doktorandin für Biologie an der Berliner Humboldt-Universität. Nach Drohungen und militanten Protesten von Trans-Aktivisten war ihr Vortrag über Zweigeschlechtlichkeit und Genetik vor zwei Wochen abgesagt worden Foto:picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka
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