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Das Empire war gnadenlos: Großbritannien war im Burenkrieg von Gier und Brutalität getrieben

Das Empire war gnadenlos: Großbritannien war im Burenkrieg von Gier und Brutalität getrieben

Das Empire war gnadenlos: Großbritannien war im Burenkrieg von Gier und Brutalität getrieben

Grausames Großbritannien: Britische Soldaten brennen im Burenkrieg die Farm eines Buren nieder, Gemälde von R. Caton Woodville.
Grausames Großbritannien: Britische Soldaten brennen im Burenkrieg die Farm eines Buren nieder, Gemälde von R. Caton Woodville.
Britische Soldaten brennen im Burenkrieg die Farm eines Buren nieder, Gemälde von R. Caton Woodville Foto: picture alliance / Bildagentur-online | UIG
Das Empire war gnadenlos
 

Großbritannien war im Burenkrieg von Gier und Brutalität getrieben

Vor 125 Jahren begann in Südafrika der Zweite Burenkrieg. Wegen vieler Kriegsverbrechen und der Ermordung Zehntausender Zivilisten wurde der Ruf Großbritanniens stark beschädigt. Dabei zeigte sich auch ein Novum der Kriegsgeschichte.
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Nach der Abtretung der niederländischen Kapkolonie an Großbritannien 1806 gerieten die dort lebenden Buren, also frühe Kolonisten aus Flandern und Holland, unter ökonomischen und politischen Druck, weswegen etliche von ihnen zwischen 1835 und 1841 im Großen Treck ins südafrikanische Hinterland zogen und dort 1852 beziehungsweise 1854 die Republiken Transvaal und Oranje-Freistaat gründeten. Transvaal wurde jedoch 1877 von den Briten annektiert, woraus der Erste Burenkrieg resultierte, der von Dezember 1880 bis März 1881 dauerte und mit einem faktischen Sieg der Buren endete. Der Friedensvertrag garantierte Transvaal die staatliche Selbstverwaltung unter formeller britischer Oberherrschaft, woraufhin 1884 die weitgehende Unabhängigkeit folgte.

Zwei Jahre später entdeckte George Harrison in den Bergen des Witwatersrand in Transvaal Gold. Damit elektrisierte er unter anderem den britischen Unternehmer Cecil Rhodes, der 1880 die De Beers Mining Company zur Diamantenförderung im Oranje-Freistaat gegründet hatte. Rhodes hob 1889 zusätzlich noch die British South Africa Company (BSAC) aus der Taufe, um mit einem Freibrief der Regierung in London die Ausdehnung des Machtbereiches des Empire und die Ausbeutung der Bodenschätze Afrikas voranzutreiben. Daraus resultierte unter anderem der Erwerb von Nord- und Südrhodesien, heute Sambia und Simbabwe.

Hiermit erschöpften sich die Ambitionen von Rhodes, der 1890 zum Premierminister der Kapkolonie avancierte, indes nicht. Er verfolgte auch den Kap-Kairo-Plan zur Schaffung einer durchgehenden Eisenbahnlinie zwischen den Besitzungen des Empire von Ägypten bis zum Kap der Guten Hoffnung. Allerdings standen Transvaal und Oranje-Freistaat dieser britischen Expansion und dem Gewinnstreben von Rhodes im Wege.

Kriegsglück war Anfangs den Buren hold

Dabei versuchte der Politiker und Unternehmer als erstes, den Präsidenten von Transvaal, Paulus Kruger, zu stürzen. Hierzu schickte er Ende 1895 den Generaladministrator von Rhodesien, Leander Jameson, mit einer 600 Mann starken Truppe in die Burenrepublik, in der mittlerweile aufgrund des Goldrausches zahlreiche britische und andere Einwanderer, genannt Uitlanders, lebten, die Rhodes zum Aufstand anstacheln wollte. Das Unternehmen scheiterte jedoch und führte zu einem starken Mißtrauen der Buren gegenüber den Briten. Deshalb kaufte Transvaal 37.000 Mauser-Gewehre und 84 moderne Geschütze, darunter 12-Zentimeter Krupp-Haubitzen und 155-Millimeter-Creusot-Festungskanonen. Ebenso rüstete der Oranje-Freistaat auf und legte sich unter anderem 18 Schnellfeuerkanonen zu. Außerdem schlossen die beiden Buren-Republiken 1897 ein Militärabkommen.

Und tatsächlich arbeiteten die Briten unter dem Druck von Rhodes und des neuen Gouverneurs der Kapkolonie, Alfred Milner, auf einen Krieg hin, wobei die rechtliche Benachteiligung der Uitlanders als willkommener Vorwand diente. Deshalb wiesen sie auch alle Kompromißvorschläge der Buren zurück und konzentrierten immer mehr Militär an der Grenze zu Transvaal. Daraufhin stellte Kruger den Briten am 9. Oktober 1899 ein Ultimatum: Sie sollten ihre Truppen zurückziehen, ansonsten würden die beiden Buren-Republiken den Aufmarsch als Kriegserklärung betrachten und entsprechend handeln. Da hierauf keine Antwort erfolgte, überquerten am 13. Oktober 1899 etwa 10.000 Kämpfer der Buren die Grenze zur britischen Kolonie Natal, welche sich östlich an die Kapkolonie anschloß. Damit begann der Zweite Burenkrieg, der zunächst wieder durch Erfolge der Buren gekennzeichnet war.

Dann freilich reagierte London auf die schweren Niederlagen mit der Mobilisierung aller Reserven, weswegen den 62.000 Mann auf seiten der Buren alsbald 600.000 Soldaten des Empire gegenüberstanden. Hierdurch wendete sich das Blatt im Februar des Jahres 1900, so daß die Truppen der Briten, die nun unter dem Kommando von Feldmarschall Frederick Roberts und seinem Generalstabschef Herbert Kitchener standen, zur Gegenoffensive übergehen konnten. Diese führte am 13. März und 5. Juni 1900 zum Fall von Bloemfontein und Pretoria, der Hauptstädte des Oranje-Freistaates und Transvaal, woraufhin Kruger nach Portugiesisch-Ostafrika floh.

Zehntausende starben in Großbritanniens Konzentrationslagern

Allerdings gingen die Buren dann unter der militärischen Führung von Generalen wie Christiaan de Wet und Koos de la Rey zum Guerillakrieg über, der den Briten trotz ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit stark zusetzte. Die Antwort hierauf waren Kollektivstrafen gegen die Zivilbevölkerung und eine Strategie der „Verbrannten Erde“. Die Briten zerstörten ganze Ortschaften wie Ventersburg im Oranje-Freistaat und vernichteten die Ernte und alle Tierbestände, um ihre Gegner auszuhungern. Außerdem entstanden 109 Konzentrationslager zur Internierung der Frauen und Kinder der Buren sowie der schwarzen Afrikaner, die ebenfalls gegen die Briten kämpften. In diesen Lagern, welche ein Novum in der Kriegsgeschichte darstellten, wurden weit über 100.000 Zivilisten hinter Stacheldraht festgehalten, von denen etwa 46.000 starben, darunter 26.370 Buren.

Eine der Toten war die sieben Jahre alte Lizzie van Zyl. Das schockierende Foto des zum Skelett abgemagerten Mädchens sowie die Berichte der englischen Menschenrechtsaktivistin Emily Hobhouse über die Zustände in den Lagern erregten weltweites Aufsehen und schadeten dem britischen Ansehen ebenso sehr wie die zahlreichen Kriegsrechtsverletzungen durch die Truppen der Kolonialmacht. Sechs besonders schändliche Vorfälle mit insgesamt 25 Ermordeten wurden von britischen Whistleblowern publik gemacht und führten zu einem Kriegsgerichtsverfahren, das am 27. Februar 1902 in der Exekution der beiden Lieutenants Harry Morant und Peter Handcock gipfelte.

Rund drei Monate später, am 31. Mai 1902, endete der Zweite Burenkrieg durch den Frieden von Vereeniging. Dieser Vertrag sah die Eingliederung der beiden Burenrepubliken in das britische Empire vor, gewährte den Buren aber zugleich alle Rechte britischer Staatsbürger. 1907 wurde dem Oranje-Freistaat und dem Transvaal zudem auch wieder die Selbstverwaltung zugestanden. Und nochmals drei Jahre später kam es dann zum Zusammenschluß mit der Kapkolonie und Natal, wodurch die Südafrikanische Union entstand, welche als Dominion innerhalb des britischen Empire weitestgehende Autonomie genoß. Dabei fungierten drei Generäle der geschlagenen Buren-Armee, nämlich Louis Botha, Jan Christiaan Smuts und Barry Hertzog, nacheinander als Premierminister.

Ihr politischer Aufstieg zeigt, daß es trotz des unbarmherzig geführten Krieges, der neben den KZ-Opfern auch noch 6.200 beziehungsweise 23.000 Tote auf burischer und britischer Seite forderte, zu einer weitgehenden Aussöhnung der ehemaligen Gegner kam. Allerdings führte der Ausbruch des Ersten Weltkrieges dann zur Rebellion etlicher Militärs der Buren unter der Führung von de Wet, welche es ablehnten, daß Südafrika in den Krieg gegen Deutschland eintrat, und eine komplette Abwendung von Großbritannien forderten. Dieser Aufstand brach aber bis Februar 1915 zusammen.

JF 42/24 

Britische Soldaten brennen im Burenkrieg die Farm eines Buren nieder, Gemälde von R. Caton Woodville Foto: picture alliance / Bildagentur-online | UIG
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