Am 10. August 1487 siegte ein Landsknechtshaufen unter Befehl des elsässischen Feldhauptmanns Friedrich Kappeler in der Schlacht von Calliano über ein zahlenmäßig weit überlegenes Heer Venedigs. Der Sieg beendete den Krieg, den Graf Sigismund von Tirol mit Venedig wegen umstrittener Gebietsansprüche im Trentino führte, und festigte den Ruf der Landsknechte als hervorragendes Fußvolk.
Weitere Ruhmestaten wie die Rückeroberung Wiens von den Ungarn oder die Erstürmung der ungarischen Stadt Stuhlweißenburg 1490 bestätigten dies. Allem Anschein nach waren die Landsknechte den Schweizer Söldnern – auch „Reisläufer“ genannt – ebenbürtig geworden, die bis dahin in unzähligen Feldzügen ihre Ausbilder und Waffenbrüder gewesen waren.
Nun zahlten sich die Mühen aus, die der römisch-deutsche König Maximilian I. von Habsburg jahrelang in die Entwicklung der Landsknechtshaufen gesteckt hatte. In der Schlacht von Guinegate 1479 gegen Frankreich hatte Maximilian sich selbst mit gefälltem Langspieß in die Gewalthaufen flämischer Milizen eingereiht und die Franzosen besiegt. Zu seinem Unglück hatte er den Erfolg nicht ausnutzen können, da die flämischen Aufgebote nach der Schlacht wieder auseinandergelaufen waren. Seitdem hatte der Habsburger verstärkt schweizerische und deutsche Spießknechte eingesetzt, die ab 1486 in schriftlichen Quellen „Landsknechte“ genannt wurden.
Name und Herkunft liegen im Dunkel
Wie es zu dem Namen kam, ist unklar. Als Konsens gilt, daß „Landsknechte“ weder „Lanzknechte“ noch „Lantknechte“, also Gerichtsboten, waren, sondern Knechte aus deutschen Landen. Landsknechte wurden zu jener Zeit vorzugsweise aus dem Elsaß, Schwaben oder dem Rheinland angeworben und wahrscheinlich „Landsknechte“ genannt, um sie von böhmischen und schweizerischen Söldnern zu unterscheiden. Daneben gab es auch niederdeutsche Landsknechte, die meist niederländischen sowie norddeutschen Soldherren dienten.
Die Erfolge der Landsknechte wurden erst durch ihre Bewaffnung und Kampftaktik möglich, die sie sich von den Schweizern abgeschaut hatten. Ihre Hauptwaffe war ein aus Eschenholz angefertigter Langspieß mit einer Länge von 3,5 bis fünf Metern, der zur Bekämpfung von feindlicher Reiterei und gegnerischem Fußvolk geeignet war. Im Nahkampf kamen vorwiegend Helmbarten zur Verwendung. Darüber war fast jeder Landsknecht mit einem Dolch bewaffnet. Zusätzlich trug er am Schwertgehenk einen „Katzbalger“, ein breites Kurzschwert. Desgleichen waren ausgewählte Kämpfer mit fast mannslangen Zweihandschwertern ausgerüstet, um eine Gasse in den feindlichen Haufen zu schlagen.
Feuer- und Schutzwaffen waren selten
Den Feuerkampf eröffnete der „Verlorene Haufe“. Dies war kein Himmelfahrtskommando, sondern ein Schwarm von Hakenbüchsenschützen, die als Plänkler in aufgelöster Ordnung den Gegner unter Feuer nahmen. Nur selten waren Landsknechte mit Geschützen ausgestattet; wenn ja, hatten sie wenige. Die Landsknechte suchten in ihrer Blütezeit stets im Nahkampf die Entscheidung. Schutzwaffen besaßen sie gegen Ende des 15. Jahrhunderts selten. Später wurden Schaller, Sturmhauben sowie Halbharnische Sitte, die zumindest Kopf und Oberkörper schützten. Oft wurde auch eine eiserne Schutzkappe unter Barett oder Hut getragen.
Die Kleidung der Landsknechte war knallbunt. Sie trugen Oberschenkelhosen mit unterschiedlich gefärbten Hosenbeinen und geschlitzte Wämser mit andersfarbiger Unterkleidung. Auffällig waren ihre sich weit bauschenden, geschlitzten Puffärmel und die überproportionale Schamkapsel zwischen ihren Beinen. Auf dem Kopf trugen Landsknechte gern riesige, mit Federn geschmückte Barette, an den Füßen Kuhmaulschuhe.
Stoßkraft des Landsknechtshaufens entschied über Sieg
Die bevorzugte Kampfformation der Landsknechte war der Gevierthaufen, dessen Glieder und Rotten gleich lang waren. Wurde dieser angegriffen, bildeten sie einen Kreis, den „Igel“, und fällten die Spieße nach allen Seiten. Auch beherrschten sie die „Schnecke“, den fließenden Übergang aus der Marschkolonne in die Angriffsformation und zurück, was Eitel Friedrich II. Graf von Zollern 1488 eindrucksvoll den Bürgern von Brügge demonstrierte.
Kam es zum Zusammenprall mit feindlichen Gewalthaufen, entschied oft die Stoßkraft des eigenen Haufens über Sieg oder Niederlage. Waren die ersten Glieder der feindlichen Linie niedergestochen, sprangen Helmbarten-Träger und Zweihand-Schwertkämpfer vor und drangen auf den feindlichen Haufen ein.
A Landsknecht doppelsödner with a greatsword and a 3/4 armor.
As a lttle curiosity: the gauntlet is reinforced with maille armor.
This display is housed by the Stibbert Museum in Florence, and it currently stands at the „Cavalcata“ room.
Pictures by myself. pic.twitter.com/K63Rjre5pQ
— The Late Knight Show (@Knightly_H) September 15, 2023
Die Schweizer sahen die Erfolge der Landsknechte mit großer Sorge. Die deutschen Spießknechte galten als „billige“ Schweizer, weswegen die Eidgenossen auf sie herabsahen. Die Landsknechte wiederum haßten die Reisläufer, weil sie grundsätzlich besser bezahlt wurden und Vorrang bei der Beuteverteilung genossen. Neid und Waffenstolz mündeten bald in tödliche Rivalität. Die Frage war nicht mehr ob, sondern wann Reisläufer und Landsknechte die Langspieße gegeneinander zum Kampf fällten.
Frundsbergs gilt als „Vater der Landsknechte“
Im Januar 1499 brach nach territorialen Spannungen zwischen der Eidgenossenschaft und dem Schwäbischen Bund der Krieg aus, der im April sogar zum Reichskrieg gegen die Eidgenossen eskalierte. Im Verlauf der Auseinandersetzung stellten der Schwäbische Bund und das Reich mehrere Landsknechtshaufen auf, die durch Landesaufgebote verstärkt wurden.
Adam von Frundsberg war Landeshauptmann des Schwäbischen Bundes und zog ins Feld. Mit ihm ritt sein jüngerer Bruder Georg, der am 24. September 1473 in Mindelheim in Schwaben geboren worden war, und dort Kindheit sowie Jugend verbracht hatte. Der spätere „Vater der Landsknechte“ brannte darauf, sich im Krieg auszuzeichnen. Georg war von seinem Vater Ulrich zum Ritter erzogen worden, hatte aber bis dahin keine Gelegenheit gehabt, sich in der Schlacht zu beweisen. Nun sollte er sie bekommen. Wie sein späterer Biograf Adam Reißner lakonisch bemerkt, nahm er an allen Kampfhandlungen des Krieges teil, der für die Landsknechte zum Desaster wurde.
Schwere Niederlagen zwangen Maximilian zum Frieden
Bereits in den ersten Gefechten zeigte sich deutlich die kämpferische Unterlegenheit der Landsknechte gegenüber ihren alten Lehrmeistern. Trotz oft zahlenmäßiger Überlegenheit schlugen die Reisläufer sie in allen Schlachten des Krieges vernichtend, was noch einmal den Nimbus ihrer Unbesiegbarkeit unterstrich und für Erbitterung seitens der Landsknechte sorgte. Zugleich säte noch ein anderer Faktor ewigen Haß in ihre Herzen. Die Schweizer praktizierten den „Bösen Krieg“ und machten grundsätzlich keine Gefangenen, was die Opferzahlen auf deutscher Seite beträchtlich in die Höhe trieb. Maximilian war niedergeschmettert und schloß im September Frieden. Die Eidgenossenschaft hatte erfolgreich ihre Selbstständigkeit und Territorialinteressen verteidigt.
Die Ereignisse des Schweizer Krieges müssen schweren Eindruck auf Frundsberg gemacht haben. Die Kampfhandlungen hatten klar gezeigt, daß die Zeit der Ritterheere vorbei war und dem Fußvolk die Zukunft gehörte. Noch im Winter des Jahres 1499 beschloß er daher, Landsknecht zu werden. Die Gelegenheit dazu war günstig. Denn jenseits der Alpen bahnte sich bereits ein neuer Krieg in Italien an …
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Lesen Sie in den kommenden Tagen den nächsten Teil der JF-Serie „Guter Sold schlägt den Feind“.