Droht der Gesellschaft „Memorial“ die Auflösung? Wer über den Stalinismus aufklärt und Menschenrechtsverletzungen anprangert, hat unter Präsident Putin keine guten Karten. Denn derzeit sieht es nach einer Stalin-Renaissance in Rußland aus.
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Ein sehr interessanter, und wissenswerter, Artikel.
Es gibt da also eine Organisation, deren Wurzel in Chruschtschows Entstalinisierung liegt. Das ist ja ein langer Zeitraum. Daß es da historisch gewachsene Unterstützung „aus dem Westen“ gibt, ist verständlich. Daß die Heinrich-Böll-Stiftung im Spiel ist … seit früher, als Böll noch nicht so lange tot war, und im Hinblick auf dessen Verbindungen zu Lew Kopelew … kann ja harmlos sein.
Aber daß da jetzt auch die Soros-Stiftung und noch ein paar von der Sorte involviert sind, das sieht mir schon etwas verdächtig nach dem Langen Marsch durch die Institutionen aus.
Und der Lange Marsch ist zweifellos anti-Putin. Denn der scheint nicht daran zu denken, sich dem Langen Marsch anzuschließen. So könnten diese Repressionen entstanden sein. Eher als daß es sich um eine späte Rache von Paläo-Stalinisten handelt.
Oder aber die westlichen Gruppen, die die russische Gruppe Memorial unterstützen in ihrem Kampf gegen neo-stalinistische Geschichtsvergessenheit, sind der Auffassung, dass es sowieso keine abgegrenzten Staaten und Kulturräume geben sollte? Weil wir bereits in einer Art Weltrepublik leben, in der jeder mit jedem kommuniziert? Weil weltweit jeder mit jedem über Geschichte, Moral, Menschenrechte diskutieren kann und soll? So idealistisch kann man es natürlich mit Recht sehen. Allein die Vorstellung eines weltweit organisierten, menschenrechtsbasierten Kultur-Austauschs ist sympathisch. Aber auch hier ist die Frage berechtigt: Cui bono? Wem nützt ein moralisch hochstehender Diskurs, der zu einer globalen Zivilgesellschaft und Zivilreligion wird? Von wem wird dieser Diskurs befeuert und finanziert? Nur von Idealisten und Schöngeistern? Nur von verantwortungsbewussten Personen? Oder gibt es Hintermänner und – frauen, die unter dem Deckmantel einer humanistisch geprägten, aufklärerischen Geschichtsdebatte ihr höchst eigenes Süppchen kochen? Vertrauen ist gut – aber Vorsicht vor Menschen, die es allzu gut meinen! Kein geringerer als Friedrich Nietzsche hat eindringlich vor ihnen gewarnt.
Die Mitforisten Gerhard-PC und K. Twiel legen den Finger in den wunden Punkt. Die russische Erinnerungsdebatte wird durch Jürgen W. Schmidt zwar dankenswerterweise thematisiert. Aber die entscheidende Frage steht nicht im Artikel: Cui bono? Wem nützt es, dass sowjetische Geschichte in humanitärer Perspektive aufgearbeitet wird? Den heutigen Russinnen und Russen? Natürlich nützt es ihnen. Sie werden wachsam und sensibel. Das ist gut so. Aber nützt diese Geschichtsbetrachtung nicht auch fremden Staaten, die gern ihre Sicht der Dinge nach Russland projozieren würden? Die große Anstrengungen unternehmen, dass ein Weltbildtransfer von West nach Ost stattfindet? Die edelste moralische Geschichtsbetrachtung ist nicht gefeit gegen Missbrauch durch Dritte. Nach unserer Niederlage im WK II ist Ähnliches passiert: Die Aufarbeitung der Schattenseiten des dritten Reiches geriet zu einem aussenpolitischen Programm – sie war der moralische Transmissionsriemen, über den beide Teile Deutschlands in die Weltanschauung der Siegerstaaten eingefügt wurden. Merke: Was zu gut gemeint ist, wird von Aussenstehenden gern ausgenützt. Das edelste Motiv wird am meisten missbraucht.
Warum wird eine Organisation, „die sich mit der Geschichte politischer Repressionen und mit dem Schutz der Menschenrechte“ befaßt, aus dem Ausland finanziert? Das ist ja eigentlich eine here Aufgabe. Aber welches gemeinsame Interesse haben ein amerikanischer Finanzhai und die deutsche Heinrich-Böll-Stiftung an solchen Aktivitäten in Rußland, daß sie sie finanzieren? Für diese Aufgabe müßte doch eine russische Organisation wie „Memorial“ auf Unabhängigkeit bedacht sein. Außerdem wird durch die Verbindung von „Geschichte politischer Repressionen“ und „Schutz der Menschenrechte“ eine Verbindung zu Aktionen gegen die gegenwärtigen Situation unter Putin hergestellt. –
Was würde man wohl in Deutschland oder den USA zur Organisationen sagen, die aus dem Ausland finanziert, etwa aus Rußland oder China, sich mit der innenpolitischen Situation in Vergangenheit und Gegenwart befassen und subversive Tätigkeiten zur Veränderung der bestehenden politischen Verhältnisse entwickeln?
Natürlich sagt in Deutschland niemand etwas gegen NGO’s und sonstige Formationen aus den „befreundeten“ Ausland, weil diese den Marsch in die Institutionen des Staates und in die Parteien schon längst erfolgreich vollzogen haben.
Wie sie es auch in Rußland gern hätten. Sozusagen eine EU von Lissabon bis Wladiwostock. Mit Zugriff des Globalkapitals auf die Reichtümer Rußlands.
Als die deutschen Truppen 1941 in Russland einmarschierten, wurden sie mit Brot und Salz empfangen. Als die Russen merkten, dass statt Befreiung von Stalin Sklaverei angesagt war, konnte Stalin den großen „Vaterländischen Krieg“ ausrufen.
War es nach dem Ende der Sowjetunion nicht ähnlich? Waren die Russen nicht offen für den Westen? Glaubten da nicht Geschäftsleute aus den USA, sie könnten das Land übernehmen? Und da dies nicht wegen Putin gelang wurde auf Konfrontation geschaltet.
Wenn man bedenkt, daß Putin ja in Deutschland stationiert war und uns kennt und wie oft er z.B. bei den Sicherheitskonferenzen in München dem Westen die Hand zur Freundschaft entgegengestreckt hat, so kann man ihm sein heutiges Verhalten kaum zum Vorwurf machen. Wenn mich jemand ständig vor den Kopf stößt, reagiere ich auch irgendwann sauer.
Das mit dem Brot und Salz ist genauso stimmend , wie der Empfang der Deutschen in Norwegen. Dort standen die Einwohner mit Blumen an den Straßen. Was nicht zutrifft ist die Mär über die Sklaverei der Deutschen und dem darauffolgenden Umdenken der Russen. Die Stimmung kippte u. A. in dem Moment , als die Partisanen zum Einsatz kamen. Heute nennt sich das asymmetrische Kriegsführung.
Diese Entwicklung dürfte mit eine Folge der konsequent feindseligen Umklammerung Russlands durch die USA sein – militärisch, politisch, wirtschaftlich. Und wenn ich sehe, wie bei uns, in GB oder in den USA Denkmäler zerstört werden und die eigene Geschichte verwendet wird, um die Altvölker „abzuwickeln“ wie die Kombinate der DDR nach der Wende, so kann ich verstehen, dass andere diesen Weg ablehnen.
Irgendwann, vielleicht definitiv erst nach der Blockade von Nordstream 2, hat die russische Regierung verstanden, dass der Westen zerstörerisch ist in seinem Inneren wie nach außen.
Und wir geraten nun zwischen die Mahlsteine wie Getreidekörner. Nur auf US-Order hin kann die Verteidigungsministerin im August 2021 ein Marineboot (gewissermaßen mit „gehisster Reichskriegsflagge“) in den Pazifik geschickt haben – um einen „Boxeraufstand“ zu verhindern?
Solschenizyn, Ginsburg, Schalamow – ich habe sie gelesen. Der Winter, der nun in Russland aufzieht, kommt nicht zuletzt vom eisigen Westwind.
“ … daß auf tausend Jahre hinaus kein Chinese mehr es wagt, einen Deutschen scheel anzusehen” Kaiser Wilhelm . Dieses Mal sind wir aber auf „Friedensfahrt“ der US Freunde unterwegs. Damit wir unsere Bande und die unverbrüchliche Freundschaft weiterhin mit dem chinesischen Volk kundtun. Es ist nur zu befürchten das die chinesischen Freunde diesen Affront eines schönen Tages durch 2 Flugzeugträger in die deutschen Bucht, beantworten werden. Wir lassen mal wieder, wie vor den zwei Weltkriegen, Germans to the Front, manipulieren.
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Eine Frau protestiert in Moskau gegen drohende die Auflösung der Organisation „Memorial“ Foto: picture alliance/dpa/TASS | Artyom Geodakyan