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Österreich in der Zwischenkriegszeit: Sommer 1934: Der Juliputsch erschüttert den Ständestaat

Österreich in der Zwischenkriegszeit: Sommer 1934: Der Juliputsch erschüttert den Ständestaat

Österreich in der Zwischenkriegszeit: Sommer 1934: Der Juliputsch erschüttert den Ständestaat

Juliputsch
Juliputsch
Regierungstreue Einheiten schlagen den Juliputsch der Nationalsozialisten in Wien nieder Foto: picture alliance / akg
Österreich in der Zwischenkriegszeit
 

Sommer 1934: Der Juliputsch erschüttert den Ständestaat

Am 25. Juli 1934 erschütterte der sogenannte Juliputsch Österreich. Bei dem Aufstand der Nationalsozialisten fand Bundeskanzler Engelbert Dollfuß den Tod. Tagelang tobten die Kämpfe im Land, denen eine Serie von Anschlägen und ein Verbot der NSDAP im Alpenstaat vorausgegangen waren.
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Die Nationalsozialisten in Österreich wollten sich vor 85 Jahren an die Macht putschen. Am 25. Juli 1934 erschütterte der sogenannte Juliputsch das Land, das zu dem Zeitpunkt ein autoritär geführter Ständestaat war. Tagelang kämpften die Putschisten gegen das Bundesheer, Polizei, Gendarmerie und deren Unterstützer aus den Reihen der Heimwehr und des Freiwilligen Schutzkorps. Am Ende sollten rund 220 Tote auf beiden Seiten zu beklagen sein, darunter auch Bundeskanzler Engelbert Dollfuß.

Seit dem Staatsstreich am 3. März 1933 regierte der promovierte Jurist Dollfuß per Notverordnungen. Durch seine betont nationale Politik machte er die Erwartung der österreichischen Nationalsozialisten zunichte, die gehofft hatten, nach der Regierungsübernahme Hitlers auch bald im Alpenstaat den Regierungschef stellen zu können. Ihr Frust über die Entwicklung entlud sich im Sommer in einer Serie von Anschlägen. Damit war eine Eskalationsspirale in Gang gesetzt, denn die Regierung konnte den politischen Terror nicht ungestraft lassen. Bis zum 17. Juni verhaftete die Polizei 2.500 Nationalsozialisten.

Nach einem schweren Anschlag am 19. Juni 1933, als zwei Nationalsozialisten mit Handgranaten 30 politische Gegner verletzten, verbot Dollfuß der NSDAP jegliche politische Betätigung, was praktisch ein Verbot der Partei bedeutete. In den folgenden Monaten gingen viele Parteigenossen in den Untergrund. Um der Situation Herr zu werden, richtete die Regierung sogenannte Anhaltelager ein. In ihnen konnten Personen, bei denen der Verdacht einer staatsgefährdenden Betätigung vorlag, zeitlich unbegrenzt festgehalten werden. Als weitere Maßnahme stellte die Regierung im September 1933 das Freiwillige Schutzkorps auf, das die Polizei entlasten sollte.

Verkleidete SS-Männer stürmten das Kanzleramt

Das entschlossene Vorgehen von Dollfuß steigerte den Haß seiner Feinde. Ab Jahresbeginn 1934 verübten die Nationalsozialisten wieder Anschläge. In dieser Zeit arbeitete die SS maßgeblich an den Putschplänen. Einer der führenden Köpfe war der spätere SS-Oberführer Fridolin Glass. Die SA war von der Ausarbeitung der Aufstandspläne ausschlosen. Sie wurde erst kurz vor dem Beginn darüber in Kenntnis gesetzt.

Nationalsozialistische Putschisten bewaffnen sich in Wien Foto: picture-alliance / akg-images

 

Am 25. Juli stürmten 154 als Soldaten und Polizisten verkleidete SS-Männer das Bundeskanzleramt in Wien. Schüsse fielen. Zwei Kugeln trafen Bundeskanzler Dollfuß und verwundeten ihn schwer. Da die Putschisten ärztliche Hilfe verweigerten, verstarb er vor Ort. Den übrigen Regierungsmitgliedern gelang die Flucht. Eine weitere Gruppe Aufständischer besetzte das Rundfunkgebäude und verbreitete die Falschmeldung von der angeblichen Regierungsübergabe an den Christlichsozialen Anton Rintelen, der sich mit den Nationalsozialisten verschworen hatte. Das war das Zeichen zum Losschlagen für alle SA- und SS-Formationen. Es folgten mehrtätige Kämpfe im Land. Schwerpunkte bildeten dabei die Steiermark, Kärnten, Teile Oberösterreichs und Salzburg.

Entgegen der Hoffnung der österreichischen Nationalsozialisten, erhob sich das Volk nicht, um mit ihnen zu kämpfen. Auch liefen keine Truppen des Bundesheeres zu ihnen über. Ebenso wie die Polizeikräfte leisteten sie Widerstand. Weitere Gründe des Scheiterns lagen bei den Putschisten. So behinderten Rivalitäten zwischen Protagonisten des Aufstands und der unterschiedlichen Parteiformationen sowie eine unkoordinierte Befehlsrangfolge ein effektives militärisches Vorgehen.

Putschisten flohen ins Ausland

Hinzu kam, daß die Führungspersonen ihre eigene Stärke überschätzt hatten. Das lag zum Teil daran, daß ihnen im Vorfeld übertriebene eigene Truppenstärken gemeldet worden waren. Außerdem verfügten sie nicht über genug Waffen. Verbunden mit einem teilweise undisziplinierten Vorgehen der SA- und SS-Einheiten grenzte das Vorhaben einer gewaltsamen Machtübernahme einem aussichtslosen Unterfangen. So gelang es schließlich den regierungstreuen Kräften, die Oberhand zu erringen.

Die Folgen der Niederlage waren für die NSDAP in Österreich dramatisch. Rund 4.000 Anhänger wurden in die Anhaltelager gebracht. Wer konnte, floh nach Deutschland oder Jugoslawien. Führende Persönlichkeiten erwarteten harte Urteile, 13 Putschisten wurden zum Tode verurteilt und hingerichtet. Das Vermögen der geflüchteten Parteigenossen wurde eingezogen. Strafzahlungen gegen Sympathisanten sollten die Kosten für die Niederschlagung des Aufstands decken.

Der aufgebahrte Leichnam von Engelbert Dollfuß am Tag nach seiner Ermordung Foto: picture-alliance / Imagno

 

In den Jahren nach 1934 setzte ein wahrer Dollfuß-Kult ein. Der Getötete erfuhr eine Verklärung als „Heldenkanzler“. Denkmäler und nach ihm benannte Straßen und Plätze sollten die Erinnerung an ihn wach halten. Nach dem „Anschluß“ an das Deutsche Reich 1938 pflegten die nun triumphierenden Nationalsozialisten eine ähnliche Verehrung ihrer getöteten Kameraden. Mit der Parole „Und ihr habt doch gesiegt!“ deutete man den gescheiterten Aufstand um.

Der Ständestaat blieb eine kurze Episode

Bis heute ist nicht abschließend geklärt, ob Hitler den Befehl für den Aufstand in seiner Heimat gab. Daß er darüber im Bilde war, steht jedoch außer Frage. Der Historiker Kurt Bauer vertritt die These, Hitler selbst habe den Befehl zum Losschlagen gegeben, da er nach der Niederschlagung des sogenannten Röhm-Putsches – der Beseitigung der SA-Führung in Deutschland am 30. Juni – auch einen außenpolitischen Erfolg wollte. Jedoch sei ein „Anschluß“ im Sommer 1934 noch unrealistisch gewesen. Um aber der französischen Einkreisungspolitik etwas entgegenzusetzen, sollte Österreich durch den Aufstand nationalsozialistisch werden und so der außenpolitischen Isolation Deutschlands entgegenwirken.

Gegen diese These spricht, daß die „Österreichische Legion“, ein paramilitärischer Verband von Nationalsozialisten, die ins Deutsche Reich geflohen waren und dort ausgebildet und bewaffnet wurden, nicht gezielt in den Putsch eingriff. Sie umfaßte im Sommer 1934 rund 9.000 Mitglieder. Doch überschritten nur knapp 50 Mann am 25. Juli die Grenze in ihr Heimatland, um am Aufstand teilzunehmen. Sie wurden schnell zurückgeschlagen.

Bis zum vorläufigen Ende der Unabhängigkeit Österreichs 1938 bemühte sich der neue Kanzler Kurt Schuschnigg, den Ständestaat zu etablieren. Damit verbunden war der Versuch einer Rekatholisierung der Arbeiter- und Mittelschicht. Der Regierung standen neben Nationalsozialisten auch Kommunisten, Sozialdemokraten und Liberale feindlich gegenüber. Der Ständestaat blieb eine kurze Episode. Im Frühjahr 1938 wurde Österreich als „Ostmark“ Teil des Deutschen Reiches.

Regierungstreue Einheiten schlagen den Juliputsch der Nationalsozialisten in Wien nieder Foto: picture alliance / akg
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