BERLIN. Die Bundestagsfraktion der Linkspartei hat in einem Antrag die Entschädigung von ehemaligen Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion gefordert. „Der Raub- und Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion setzte alle bis dahin geltenden zivilisatorischen Standards sowie die Haager Landkriegsordnung außer Kraft“, heißt es zur Begründung. Die nationalsozialistische Führung habe den Krieg als „eine gezielte Dezimierung der als ‘rassisch minderwertig’ erachteten ‘Slawen’“ geführt.
Am massenhaften Sterben in deutschen Kriegsgefangenenlagern sei „nicht in erster Lage die schlechte Versorgungslage“ schuld. Dieses sei laut dem Historiker Christian Gerlach als „gezielte Morde“ zu werten. „Jeglicher rechtlicher Schutz“ sei den Kriegsgefangenen verweigert worden, „womit die rassistisch motivierte und letztlich auf Vernichtung zielende Absicht der Nazis deutlich wurde“. Auch seien „Millionen von Zivilisten“ aus der Sowjetunion „zur Zwangsarbeit“ ins Deutsche Reich verschleppt worden.
Sowjetunion hielt sich nicht an Kriegsrecht
Auf Kritik der Linkspartei stieß die bisherige Regelung der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“, welche Kriegsgefangene kategorisch von Entschädigungszahlungen ausschließt. Dabei seien diese „in ihrer Heimat häufig neuen Repressalien ausgesetzt“. Gemäß der bisherigen Regelung, demnach die Stiftung bei ehemaligen KZ-Häftlingen eine Entschädigung bis zu 7.670 Euro auszahlt, fordert die Linkspartei, diesen Betrag an jeden noch lebenden, ehemaligen Kriegsgefangenen zu zahlen. Auch SPD und Grüne hatten dies 2013 gefordert.
Die Sowjetunion sah sich im Zweiten Weltkrieg nicht an die noch vom Zarenreich ratifizierte Haager Landkriegsordnung gebunden. Soldaten der Roten Armee war es verboten, sich zu ergeben. Ließen sie sich dennoch gefangen nehmen, drohten ihren Angehörigen in der Sowjetunion schwere Repressionen. Umgekehrt besaßen feindliche Soldaten, die von der Roten Armee gefangen genommen wurden, keinerlei Rechtsschutz. Die letzten deutschen Kriegsgefangenen, welche die Sowjetlager überlebten, kehrten 1955 nach Deutschland zurück. (FA)