Die Zahl der an Corona Erkrankten hat weltweit die Million überschritten. In Deutschland haben sich mehr als 100.000 Menschen mit dem Virus infiziert. Gemessen an der Johns Hopkins Statistik sind die Vereinigten Staaten – getreu dem Motto America First – das Land mit der höchsten Zahl an registrierten Corona-Fällen.
Doch es gibt auch erste Signale einer Entspannung. Wirft man einen Blick auf die COVID-19 Map der Johns Hopkins University, eine Karte, die die globale Ausbreitung des Virus veranschaulicht, zeigt sich sowohl in Deutschland, wie auch in Spanien und Italien, eine Abflachung des Zuwachses neuer Fälle.
Das läßt vermuten, daß die Quarantänemaßnahmen wirken. In Österreich verlangsamt sich schon seit einer Woche die Zahl der Neuinfektionen. Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) traf bereits vor Deutschland Maßnahmen zur Eindämmung des Virus, trotz des skandalösen Versagens im Party-Skiort Ischgl. Ab dem 14. April soll die Quarantäne in Österreich schrittweise gelockert werden.
Grenzen der totalen Globalisierung
Schwedens Verzicht auf einen kompletten Lockdown zur Bekämpfung der Coronakrise löst in den Verbots-affinen deutschen Staatsmedien Entsetzen aus. Die sich auf Empfehlungen statt Verbote stützende Strategie wird von der schwedischen Bevölkerung überraschend gut befolgt und der Anstieg der Neuinfektionen ist stetig aber nicht exponentiell wie vor einer Woche noch im „Gut vorbereiteten“ Deutschland.
Die Türkei führt eine Maskenpflicht ein, obwohl es vor kurzem hieß, es gäbe keine Corona-Fälle. Nun kam man auf die Idee, daß die Opposition die Infektion eingeschleppt habe und im Fernsehen wurde diskutiert, ob türkische Gene immun machen würden.
Aus England, Frankreich, den Niederlanden und Osteuropa kommen immer mehr Berichte über fehlerhafte Schutzmasken und Test-Kits aus China. Peking weist dies als Diffamierung des erfolgreichen Regierungssystems zurück. Die totale Globalisierung zeigt hier ihre Grenzen, auch ohne Aktivitäten eines Herrn Trump.
Eine Analyse des Deutschen Netzwerkes Evidenzbasierte Medizin (EbM) läßt aufhorchen. Die Autoren kritisieren die Medienarbeit zu COVID-19 und formulieren: „Die mediale Berichterstattung berücksichtigt in keiner Weise die von uns geforderten Kriterien einer evidenzbasierten Risikokommunikation. (…) Die Darstellung von Rohdaten ohne Bezug zu anderen Todesursachen führt zur Überschätzung des Risikos.“ Der Influenza-Wochenbericht der Kalenderwoche 12/2020 des Robert Koch-Instituts belegt: Die Zahl der Atemwegsinfektionen (alle Erreger) in Deutschland normalisiert sich wie in den Vorjahren.
Warnung vor gesellschaftlichen Unruhen
Die Stimmen für ein kontrolliertes Ende beziehungsweise das stufenweise Abbauen des Lockdowns werden immer lauter. Ein internes Dokument des Bundesinnenministeriums warnt im Fall eines Wirtschaftszusammenbruchs vor massiven gesellschaftlichen Unruhen. Die Konsequenzen für Politik und Gesellschaft seien „nicht vorstellbar“, wenn das wirtschaftliche Leben weiter beschränkt werde.
Das ifo-Institut fordert die Wirtschaft nach Ostern wieder in Gang zu setzen, mit aufeinander folgenden, teilweisen Lockerungen der Kontaktsperre. Der soziale und gesellschaftliche Zusammenhalt würde durch die Interventionen der Regierung einen ungerechtfertigten persönlichen Preis fordern, eine unfaire oder zu späte Verteilung von Hilfsgeldern würde das Vertrauen in den Staat schwächen. Das gleiche befürchtet der CSU-Politiker Peter Ramsauer.
Unterschied zwischen Europa und Ostasien
Der Wirtschaftsrat der CDU empfiehlt, die COVID-19 Testquote massiv zu erhöhen. „Im Verhältnis zur Einwohnerzahl werden in Südkorea drei Mal so viele Menschen getestet wie in Deutschland“, erklärt Wolfgang Steiger. Auf landesweite Ausgangssperren kann dadurch ebenso verzichtet werden, wie auf die Schließung weiter Teile des Landes. Restaurants, Einkaufszentren und Geschäfte bleiben geöffnet. Der wirtschaftliche Schaden ist dadurch wesentlich geringer und die Folgen für die Bevölkerung nicht so drastisch.“
Anders als Europa sind Teile von Ostasien in der Lage, mit sozialer Disziplin und organisatorischer Handlungsbereitschaft und eines in der Regel früh und konsequent agierenden Staatsapparates das Virus einzudämmen. Mittels präventiver Eindämmung der Ausbreitung durch Grenzkontrollen, strenger und mit technischen Hilfsmitteln überwachter Quarantäne-Regeln und mit der Durchsetzung von dem Allgemeinwohl dienendem Verhalten im öffentlichen Raum. Die Opferzahlen zeigen deshalb riesige Unterschiede. Pro eine Million Einwohner starben in Singapur 0,53 Menschen, in Italien liegt die Zahl dagegen bei 178.