WIESBADEN. Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Quartal des Jahres erneut geschrumpft. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes verringerte sich das preis-, kalender- und saisonbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Damit setzt sich der wirtschaftliche Stillstand fort: Bereits im ersten Quartal hatte das Wachstum lediglich 0,3 Prozent betragen, nachdem die erste Schätzung von 0,4 Prozent nun nach unten korrigiert wurde.
Hauptursache für die negative Entwicklung waren dem Bundesamt zufolge rückläufige Investitionen in Bauten und Ausrüstungen. Zwar legten sowohl die privaten als auch die staatlichen Konsumausgaben leicht zu, insgesamt reichte das aber nicht, um die schrumpfende Wirtschaftsleistung auszugleichen. Die jüngsten Zahlen bestätigen damit, daß die kurze Phase eines leichten Aufschwungs zum Jahresbeginn nicht nachhaltig war.
Wirtschaftsflaute laut Ökonomen erwartbar
Konjunkturexperten sehen die Entwicklung nicht als Überraschung. Thomas Theobald vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) sprach von einem erwartbaren Dämpfer. Im ersten Quartal hätten viele Unternehmen ihre Exporte noch vorgezogen, um möglichen Handelsbarrieren durch US-Zölle zuvorzukommen. Dieser Sondereffekt habe sich im zweiten Quartal nicht wiederholt, weshalb das Wachstum weitgehend ausgeblieben sei. Zugleich betonte Theobald, für den Herbst sei trotz allem mit einer Konjunkturerholung zu rechnen. Entscheidend sei dabei vor allem der Konsum privater Haushalte.
Im Vergleich zu anderen großen Volkswirtschaften der Euro-Zone fällt Deutschland zurück. Während das BIP hierzulande und in Italien um jeweils 0,1 Prozent sank, meldete Frankreich ein Wachstum von 0,3 Prozent. Spanien konnte sogar ein deutliches Plus von 0,7 Prozent verbuchen. Damit gehört Deutschland im europäischen Vergleich zu den Schlußlichtern.
Konsumenten sparen
Belastend wirken sich weiterhin geopolitische und währungspolitische Faktoren aus. Zum Monatsbeginn treten neue US-Zölle auf Waren aus der Europäischen Union in Kraft. Der durchschnittliche Zollsatz steigt damit auf 15 Prozent – ein Vielfaches des Niveaus vor dem Amtsantritt Donald Trumps. „Der Zoll-Deal mit den USA wird neue Wachstumseinbußen nach sich ziehen“, sagte Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Zugleich wertete der Euro seit Jahresbeginn deutlich auf, was deutsche Exporte außerhalb der Euro-Zone zusätzlich verteuert.
Ein starker Konsumimpuls ist laut aktuellen Umfragen nicht zu erwarten. Das von den Instituten GfK und NIM berechnete Konsumklima-Barometer sank für August um 1,2 Punkte auf nun minus 21,5 Punkte. „Die Verbraucher halten es mehrheitlich nach wie vor für ratsam, das Geld eher zurückzuhalten und nicht für größere Anschaffungen zu verwenden“, sagte NIM-Experte Rolf Bürkl. Damit bleibt die Konsumzurückhaltung ein weiteres Hemmnis für eine rasche wirtschaftliche Erholung. (sv)