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Enormer Börsenwert, geringe Verkäufe: Der Tesla-Konzern zwischen Selbstbild und Wirklichkeit

Enormer Börsenwert, geringe Verkäufe: Der Tesla-Konzern zwischen Selbstbild und Wirklichkeit

Enormer Börsenwert, geringe Verkäufe: Der Tesla-Konzern zwischen Selbstbild und Wirklichkeit

Der Tesla-Konzern von Elon Musk kämpft aktuell mit großen Problemen.
Der Tesla-Konzern von Elon Musk kämpft aktuell mit großen Problemen.
Der Tesla-Konzern von Elon Musk kämpft aktuell mit großen Problemen. Foto: picture alliance / Hans Lucas | Vincent Feuray
Enormer Börsenwert, geringe Verkäufe
 

Der Tesla-Konzern zwischen Selbstbild und Wirklichkeit

Tesla-Produkte sind in Deutschland zum Ladenhüter verkommen. Der gigantische Börsenwert des Unternehmens deckt sich nicht mehr mit den Autoverkäufen. Daran ist Gründer Musk nicht unschuldig.
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Tesla ist an der Börse über eine Billion Dollar wert, obwohl der E-Auto-Pionier in den ersten beiden Quartalen des Geschäftsjahres nur 773.000 Fahrzeuge hergestellt hat und lediglich 721.000 weltweit verkaufen konnte. Der größte Autokonzern der Welt – Toyota – konnte im ersten Halbjahr 5,1 Millionen Autos absetzen, wird an der Börse aber nur mit 245 Millionen Dollar bewertet. In Deutschland erlebt Tesla sogar eine Absatzkrise historischen Ausmaßes. Im Zeitraum Januar bis Juli 2025 wurden lediglich 10.000 Teslas neu zugelassen – bei insgesamt 1,67 Millionen Neuzulassungen entspricht das einem Marktanteil von nur 0,6 Prozent. Selbst der chinesische Automarktneuling MG Roewe verbuchte immerhin 13.500 Neuzulassungen in Deutschland.

Das in Brandenburg produzierte SUV-Model Y, einst Symbol für den Durchbruch der E‑Mobilität „made in Germany“, ist aus den Top Ten der meistverkauften Elektroautos verschwunden. Während der deutsche E-Auto-Absatz wächst, verliert Tesla rapide. Die Hauptmodelle S, X, 3 und Y sind seit Jahren am Markt, allerdings ohne technische oder Design-Sprünge. Der unbeladen drei Tonnen schwere und 5,68 Meter lange Cybertruck, in den Elon Musk große Hoffnungen setzte, wurde in Eu­ro­pa aus Sicherheitsgründen nicht zugelassen. Hinzu kommen libertäre Äußerungen und Sympathie für Alice Weidel, was das „grüne“ Markenimage beschädigt und „woke“ Kunden vergrault hat.

„Mr. Tesla“ kritisiert Musk politisch

Als Musk 2019 ankündigte, eine europäische Mega-Fabrik in Grünheide bei Berlin zu errichten, war die politische Euphorie riesig. Genehmigungsverfahren wurden beispiellos beschleunigt, Bau und Waldrodung genehmigt, bevor alle Umweltauflagen erfüllt waren. Die Fabrik entstand im Rekordtempo, 2022 wurde sie eröffnet. Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte damals stolz: „Deutschland kann schnell sein.“ Doch statt 40.000 sind nur 11.000 Mitarbeiter in der Gigafactory beschäftigt. Der Ausbau liegt auf Eis, weil die Nachfrage nicht mithält.

Selbst einstige Unterstützer wie Jörg Steinbach, bis 2024 Brandenburgs Wirtschaftsminister und als „Mr. Tesla“ medial bekannt, sahen sich gezwungen, Musks politische Äußerungen zu kritisieren – auch wenn er bei Betriebsversammlungen weiterhin als Fürsprecher des Unternehmens auftritt. „Man muß zwischen dem Unternehmen und seinen Gesellschaftern unterscheiden. Musk selbst hält nur 12 Prozent und hat nur 20 Prozent der Stimmrechte bei Tesla“, sagte der SPD-Politiker.

Gleichzeitig produziert das Werk weiter 5.000 Fahrzeuge pro Woche, während in Deutschland im Juli nur noch 1.110 Fahrzeuge verkauft wurden. Absatzrückgänge gibt es europaweit, die Überproduktion wird über Exporte in die Türkei, nach Taiwan oder in den Mittleren Osten „entsorgt“. Zwischenzeitlich standen Tausende unverkaufte Model Y auf Abstellflächen, Rabatte von 6.000 Euro sollten den Absatz ankurbeln. Zudem ist das Betriebsklima von einem Machtkampf zwischen IG Metall und einer arbeitgebernahen Mehrheit im Betriebsrat geprägt. Gewerkschaftler berichten von Abmahnwellen, Kündigungsdrohungen und der Blockade wichtiger Anträge. Kritische Wortmeldungen werden auf Betriebsversammlungen abgebügelt, offene Zweifel an Musks Strategie gelten als Tabu. Tesla war nie ein Traum-Arbeitgeber à la VW, doch die Diskrepanz zwischen den Hochglanz-Versprechen von 2019 und der Alltagserfahrung könnte kaum größer sein.

Der deutsche Markt wird zum Problemfall

Die deutschen Autokonzerne BMW, Mercedes und VW werden an der Börse nur mit jeweils etwa 50 Milliarden Euro taxiert und ihre Gewinne waren im ersten Halbjahr im Sinkflug (JF 32-33/25). Doch die heimischen Absatzzahlen sind im Vergleich zu Tesla gigantisch: Der VW-Konzern mit seinen Pkw-Marken Volkswagen, Škoda, Audi, ­Seat, Porsche, Lamborghini und Bentley konnte von Januar bis Juli 703.000 Fahrzeuge in Deutschland absetzen – das entspricht einem Marktanteil von 42,2 Prozent. Eine breite Modellpalette, starke Präsenz im Klein- und Mittelklassesegment, Markenvielfalt und eine intakte Vertriebsstruktur sichern stabile Zahlen – selbst bei E-Autos.

Der Weltkonzern Stellantis, der börslich nur 23 Milliarden Euro wert ist, konnte immerhin 188.000 Pkws der Marken Opel, Peugeot, Fiat, Citroën/DS, Jeep, Alfa Romeo und Maserati absetzen, was einem Marktanteil von 11,3 Prozent entspricht. BMW und Mercedes, die mit ihren Preisen über dem Tesla-Niveau liegen, kommen mit ihren Submarken Mini und Smart auf 163.000 bzw. 154.000 Neuzulassungen und einen Marktanteil von 9,8 bzw. 9,2 Prozent. Die Renault-Nissan-Allianz bleibt mit 111.000 Neuzulassungen auf Abstand – und ohne die rumänische Billigmarke Dacia (43.000 Fahrzeuge) wäre es ein Desaster geworden.

Der Unterschied zu Tesla liegt nicht allein in der Modellbreite und der Marktverankerung: Trotz woker E-Auto-Visionen bieten die Traditionshersteller auch weiterhin das an, was die meisten Käufer wollen: Benziner, Diesel und Hybrid-Fahrzeuge. Selbst die elektrischen ID-Modelle von VW finden zunehmend Käufer. Tesla produziert hingegen nur das, was Musk für visionär hält – und das in mäßiger US-Qualität. Der deutsche Markt ist für Tesla zum Problemfall geworden. Der Konzern bräuchte nicht nur neue Modelle, sondern auch einen grundlegenden Kulturwandel im Umgang mit Mitarbeitern und Öffentlichkeit. Ohne beides droht das ambitionierte Brandenburg-Projekt als Beispiel für verfehlte Industriepolitik und überschätzte Heilsversprechen zu enden.

Aus der JF-Ausgabe 34/25.

Der Tesla-Konzern von Elon Musk kämpft aktuell mit großen Problemen. Foto: picture alliance / Hans Lucas | Vincent Feuray
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