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OECD-Studie: Fiskalpolitik: Gegensteuern notwendig

OECD-Studie: Fiskalpolitik: Gegensteuern notwendig

OECD-Studie: Fiskalpolitik: Gegensteuern notwendig

Auf dem Foto befindet sich der Ampel-Finanzminister Christian Lindner von der FDP. Obwohl die Liberalen seit zwei Jahren an der Macht sind, bleiben die Steuern in Deutschland hoch.
Auf dem Foto befindet sich der Ampel-Finanzminister Christian Lindner von der FDP. Obwohl die Liberalen seit zwei Jahren an der Macht sind, bleiben die Steuern in Deutschland hoch.
FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner: Von den versprochenen Entlastungen ist wenig übriggeblieben. Foto: picture alliance / Flashpic | Jens Krick
OECD-Studie
 

Fiskalpolitik: Gegensteuern notwendig

Für die kommenden Jahre sind keine Entlastungen in Sicht. Dabei sind die Unternehmen fast nirgendwo so stark mit Steuern belastet wie in Deutschland. Die Bundesrepublik droht, den Anschluß zu verlieren. Von Christian Schreiber.
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Daß sich die deutsche Wirtschaft in der Rezession befindet, ist kein Geheimnis. Aber es gibt sie tatsächlich noch, eine ökonomische „Tabellenführung“: Unternehmen werden hierzulande so stark belastet wie in kaum einem anderen Industrieland. „Deutschland ist ein Höchststeuerland“, heißt es in der Studie „Wettbewerb der Steuersysteme“ des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), in der die einzelnen nationalen Steuersysteme miteinander verglichen wurden.

Aus der Erhebung geht eindeutig hervor, daß Deutschland im Wettbewerb der Steuersysteme nicht mithalten kann. Das gelte nach wie vor für die Höhe der Steuerbelastung, aber auch bei weiteren Standortfaktoren wie Abschreibungsbedingungen, der steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung und der Dauer von Betriebsprüfungen, bei denen Deutschland anderen Ländern deutlich hinterherhinkt.

Steuerbelastung bei Unternehmen sticht besonders hervor

Andere Industriestaaten punkten auch mit einem Unternehmenssteuerrecht, das deutlich attraktiver ist als in Deutschland. Kapitalgesellschaften unterliegen bei uns einer durchschnittlichen Ertragssteuerbelastung von 29,9 Prozent. Diese ergibt sich durch die Körperschaftssteuer in Höhe von 15 Prozent und die Gewerbesteuer von 14 Prozent, die regional aber noch einmal deutlich höher ausfallen kann. Hinzu kommt der Solidaritätszuschlag.

Die Gewerbesteuer ist demnach eine deutsche Besonderheit, die einen hohen bürokratischen Aufwand verursache. Die durchschnittliche Besteuerung von Kapitalgesellschaft im europäischen Vergleich liegt bei 21 Prozent, in einigen Ländern wie der Schweiz oder Polen sogar unter 20 Prozent. Die effektive Steuerbelastung – also unter Berücksichtigung von diversen Befreiungen oder Vergünstigungen – der Firmen weicht hiervon nicht deutlich ab und der Länder-Vergleich zeigt, daß Deutschland nicht nur beim tariflichen, sondern auch beim effektiven Steuersatz zu den Hochsteuerländern zählt.

Der Abstand zum Rest Europas wächst

Die schwache Wettbewerbsposition Deutschlands sei nicht zuletzt die Folge der unterlassenen Steuerreformen in den vergangenen 15 Jahren. Letztmals sei 2008 eine Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen erfolgt. „Angesichts der Haushaltslage müssen daher jetzt umgehend steuerliche Entlastungen für die Unternehmen erfolgen. Der Standort Deutschland braucht Rückenwind durch die Steuerpolitik, um die deutschen Unternehmen zu stärken. Ziel muß eine international wettbewerbsfähige Steuerbelastung der Unternehmen von maximal 25 Prozent sein“, fordern die Autoren der BDI-Studie.

Die deutschen Unternehmen können daher nicht in dem Maße wie ihre internationalen Wettbewerber von steuerlichen Vorteilen profitieren, mit denen andere Staaten die Investitionstätigkeit von Unternehmen anreizen und damit ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit stärken. Die Steuereinnahmen aus den Unternehmenssteuern sind in Deutschland zudem real stärker gestiegen als in den meisten anderen großen Industrieländern wie den USA, England oder Italien. Und zu europäischen „Steuerparadiesen“ wie Polen, die Tschechei, Ungarn oder der Schweiz ist der Abstand weiter gestiegen.

Auch Vermögenssteuern über dem OECD-Durchschnitt

Deutschland habe also kein Einnahmeproblem, sondern die Steuerschätzung vom Herbst 2023 zeige, daß die Steuereinnahmen in fast jedem Jahr schneller als das nominale Bruttoinlandsprodukt (BIP) wachsen. „Zählt man alle Steuern zusammen und setzt sie ins Verhältnis zur Wirtschaftskraft, kommt Deutschland auf eine Steuerquote von über 24 Prozent im Jahr 2022. Dies sei im historischen Vergleich bemerkenswert hoch und stelle seit der Wiedervereinigung einen Rekordwert dar“, heißt es in der Studie.

Entgegen der weitläufigen Meinung zeige der Vergleich auch, daß in Deutschland auch vermögensbezogene Steuern einen nicht unwesentlichen Teil zum Bundeshaushalt beitragen, denn im internationalen Vergleich liegen diese über dem OECD-Durchschnitt. Generell konstatieren die Autoren, daß die Unternehmenssteuern nicht nur zu hoch, das Steuersystem sowie die Abläufe der Steuererhebung auch zu kompliziert seien.

Steuer- und Bürokratiereformen dringend notwendig

„Entscheidend ist ein Bürokratieabbau und hierzu sollten das Digitalisierungspotential und KI-Technologien im gesamten Besteuerungsverfahren konsequent ausgebaut und genutzt werden“, lautet eine der Forderungen. Im internationalen Steuerrecht müßten weitere Vereinfachungen bei der Umsetzung der Mindeststeuer in Deutschland erfolgen und ein Gesamtkonzept im internationalen Steuerrecht sichergestellt werden, mit dem bestehende Anti-Mißbrauchsregelungen überprüft und angepaßt werden.

Notwendiger Bürokratieabbau müsse besonders bei dem Quellensteuerverfahren erfolgen, das zu hohe Hürden für deutsche Unternehmen schaffe. So wird eine Quellensteuer bereits bei der Entstehung von Einkünften erhoben. Ebenfalls als äußerst kompliziert und kontraproduktiv im internationalen Vergleich seien verschiedene Formen der Vermögenssteuer, die in Deutschland zwar offiziell abgeschafft wurde, aber durch die Erbschaftssteuer irgendwie doch noch gilt.

In Deutschland sei die fiskalische Relevanz der Erbschaftssteuer gemessen am BIP im Vergleich der Industrienationen überdurchschnittlich hoch. Dadurch würden bei Nachfolgeregelungen Arbeitsplätze gefährdet. Der Industriestandort Deutschland müsse daher alles dafür tun, durch optimale Standortfaktoren Investitionen anzureizen und gute steuerliche Rahmenbedingungen zur Stärkung der Wirtschaft zu schaffen.

JF 07/24

FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner: Von den versprochenen Entlastungen ist wenig übriggeblieben. Foto: picture alliance / Flashpic | Jens Krick
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