HAMBURG. Im laufenden Jahr haben 45 Großunternehmen Konkurs angemeldet. Bei fortschreitender Entwicklung würde 2023 somit die meisten Großinsolvenzen seit 2016 verzeichnen, wie aus einer kürzlich veröffentlichten Studie des Kreditversicherers Allianz Trade hervorgeht. Von Großinsolvenzen spricht Allianz bei Unternehmen mit einem jährlichen Umsatz von mindestens 50 Millionen Euro.
Im Vorjahreszeitraum verzeichnete Allianz 26 große Konkurse – mehr als ein Drittel (42 Prozent) weniger in den ersten neun Monaten 2023. „Die großen Insolvenzen sind in diesem Jahr zurückgekehrt und nehmen Kurs auf den Höchststand aus 2020“, sagte Maxime Lemerle, Leiter der Insolvenzforschung bei Allianz. „Besonders viele große Pleiten gab es im bisherigen Jahresverlauf im (Mode-)Einzelhandel, bei Krankenhäusern und im Maschinenbau.“
„Weniger Geschenke unter dem Weihnachtsbaum“
Bis September 2023 fielen zwölf große Textilunternehmen und Modeeinzelhändler in die Zahlungsunfähigkeit. Weitere acht Dienstleistungsunternehmen, von denen sechs Kliniken waren, meldeten ebenfalls Konkurs an. Diese Zahlen unterstreichen das Lagebild des Deutschen Krankenhausinstituts, nachdem zwei Drittel der deutschen Kliniken ihre finanzielle Situation schlecht oder sehr schlecht bewerten. Zudem fürchten sich besonders Selbstständige und Kleinunternehmer vor der Zahlungsunfähigkeit.
Werden alle Unternehmensgrößen betrachtet, führt die Baubranche die Zahl der meisten Insolvenzen an. Darauf folgen Handels- und Dienstleistungsunternehmen. Am stärksten stieg die Zahl der Konkurse von Handelsunternehmen. „In diesem Jahr dürften deutlich weniger Geschenke unter dem Weihnachtsbaum landen“, prognostizierte Milo Bogaerts, CEO von Allianz.
Insolvenz-Schneeballeffekt bedroht deutsche Unternehmen
Aufgrund der weiterhin hohen Lebensmittelpreise würden Verbraucher an anderen Stellen sparen. Davon seien vor allem Mode- und Elektronik-Einzelhändler sowie Gastronomen betroffen. Somit dürfte das Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr eher schwach ausfallen. „Dabei ist gerade für diese Branchen das Weihnachtsgeschäft extrem wichtig, um mit etwas Winterspeck in die umsatzschwache ‘Saure-Gurken-Zeit’ zu Jahresbeginn zu gehen“, erklärte Bogaerts.
Auch die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer werde die Gastronomie zusätzlich belasten. Hinzu komme die weltweit steigende Zahl der Zahlungsunfähigkeit in wichtigen deutschen Exportmärkten. Nach der Zunahme an Insolvenzen in den Niederlanden (59 Prozent), Vereinigten Staaten (47 Prozent) und Frankreich (36 Prozent) drohe deutschen Unternehmen ein Schneeballeffekt. (sv)