MESEBERG. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat sich am Rande der Regierungsklausur in Meseberg gegen Energie-Subventionen für die energieintensive Industrie ausgesprochen. Einen mit Steuergeldern gedeckelten Industriestrompreis lehne er ab, sagte er am Dienstag der Welt. „Wir können nicht alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, alle Betriebe, den Bäcker und Handwerksbetrieb, den mittelständischen Betrieb, den reduzierten Strompreis für einige wenige Konzerne zahlen lassen“, argumentierte er. Stattdessen müßten die Energiekosten insgesamt runter, indem mehr Strom erzeugt wird. Auf dem Kurznachrichtendienst X bekräftigte er es ähnlich.
Das Ziel, die Energieversorgung günstiger zu machen und energieintensive Betriebe zu halten, teilen wir alle. Aber das Instrument, für einige große Konzerne Milliardensubventionen zu zahlen, die am Ende die Bäckerei und der Mittelstand tragen müssen, wäre nicht sinnvoll. CL
— Christian Lindner (@c_lindner) August 30, 2023
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte zuvor einen subventionierten Strompreis für die Industrie vorgeschlagen. Auch die SPD ist dafür. Demnach solle die energieintensive Industrie einen auf mindestens fünf Jahre befristeten Preis von fünf Cent pro Kilowattstunde zahlen. Bundeskanzler Olaf Scholz war für diese Vorschläge bisher skeptisch geblieben. Lindner fragte nun, woher das Geld für einen staatlich finanzierten Industriestrompreis herkommen solle. Diese Subventionen verfälschten den Konkurrenzkampf: „Ich sehe auch eine Wettbewerbsverzerrung zwischen den ganz großen Konzernen und den mittelständischen Betrieben.“
„Keine kluge Politik“: Kernkraft abschalten und Strom subventionieren
Gleichzeitig kritisierte Lindner den Atomausstieg: „Man kann doch nicht gleichzeitig 30 Terawattstunden klimafreundliche, günstige Kernenergie abschalten – als politische Entscheidung – und dann auf der anderen Seite sagen: Jetzt heben wir die Schuldenbremse auf und die Effekte subventionieren wir runter zulasten der finanziellen Stabilität dieses Landes.“ Laut dem FDP-Politiker ist das „keine kluge Politik“.
Habeck betrachtet den Industriepreis dagegen weiterhin als nötig. Im Interview mit RTL sagte der Grüne, die Energiekosten in Deutschland seien nicht mehr so hoch wie zu Beginn der Notmaßnahmen 2022, aber dennoch höher als vor dem Ukrainekrieg. Der Vizekanzler folgerte: „Es gibt also noch den ursächlichen Zusammenhang, das rechtfertigt dann noch weitere Maßnahmen des Staates.“
Ministerpräsidenten-Allianz fordert Industriestrompreis
Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) forderte Anfang der Woche einen subventionierten Strompreis. Gegenüber dem Handelsblatt sprach er von einem „Alarmsignal“, daß Unternehmen verstärkt im Ausland investierten, und erklärte: „Wenn wir eine Erosion unserer Industrie in Deutschland verhindern wollen, müssen wir sehr zügig Gegenmaßnahmen treffen.“
Neben Weil schlossen sich sechs weitere Ministerpräsidenten aus Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Sachsen-Anhalt zu einer parteiübergreifenden „Allianz zum Erhalt der chemischen Industrie in Deutschland“ zusammen. Sie fordern Maßnahmen, damit die Industrie in Deutschland bleibt. Die Hauptforderung lautet, „einen international wettbewerbsfähigen Strompreis zu gewährleisten“. (ca)