BERLIN. Alarmsignal Zahlungsmoral: Deutsche Firmen begleichen ihre Rechnungen gar nicht mehr oder so spät wie zuletzt 2008. Experten sehen darin einen Frühindikator für die unmittelbar bevorstehende große Krise.
Der Kreditversicherer Atradius verzeichnet einen Anstieg der Überfälligkeitsmeldungen. Damit sind Rechnungen gemeint, die auch nach Mahnungen noch offen sind. „Dieser Anstieg dürfte sich in den kommen Wochen noch beschleunigen“, prognostizierte der Leiter des deutschen Kreditversicherungsgeschäfts bei Atradius, Frank Liebold, gegenüber der Welt. „Das ist ein Frühindikator. Danach kommt in der Regel die Krise.“
Nur 55 % der Rechnungen pünktlich bezahlt
Zuletzt habe es diesen Effekt in der Finanzkrise 2008 gegeben, betonte Liebold. Die sinkende Zahlungsmoral spiele sich zudem in einem Umfeld ab, das ohnehin auf einen kräftigen wirtschaftlichen Abschwung hindeute. Gemeint ist die hohe Inflation, der steigenden Energiepreis und Zins sowie unterbrochene Lieferketten.
In der Transportbranche und der Chemieindustrie werden jeweils nur noch 55 Prozent der Rechnungen innerhalb des Zahlungsziels bezahlt 38 bzw. 39 Prozent seien überfällig. Durch die daraus folgenden hohen Außenstände geraten auch gesunde Unternehmen in Schwierigkeiten.
Es droht ein Dominoeffekt, der – so befürchtet es auch die Wirtschaftsauskunftei Creditreform – in einer Insolvenzwelle münden könnte. Diese werde wahrscheinlich im ersten Quartal 2023 einsetzen. Zuletzt hatten auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag sowie der Verband der Familienunternehmer düstere Prognosen veröffentlicht. (fh)