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Versorgungssicherheit: Dem Deutschen bleibt die Kartoffel

Versorgungssicherheit: Dem Deutschen bleibt die Kartoffel

Versorgungssicherheit: Dem Deutschen bleibt die Kartoffel

Kartoffelernte: Die Produktion von Ackerfrüchten über den Eigenbedarf der deutschen Bevölkerung hinaus ist, mit Ausnahme der Kartoffel, gering Foto: picture alliance / Jochen Tack
Versorgungssicherheit
 

Dem Deutschen bleibt die Kartoffel

Was kann die deutsche Landwirtschaft? Beim Blick in die leeren Supermarktregale kommt derzeit die Frage nach der Versorgungssicherheit in Deutschland auf. Während die Nachfrage nach Agrarprodukten steigt, schwinden landwirtschaftliche Flächen rasant. Schon jetzt importiert die Bundesrepublik mehr als sie ausführt.
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In Krisenzeiten, wie wir sie derzeit in der Ukraine erleben, stellt sich automatisch die Frage nach der Versorgungssicherheit in Deutschland. Energie wird aktuell merklich teurer und erreicht sowohl beim Strom als auch bei der Wärme ungeahnte Höhen. Aber auch beim Blick in die leeren Supermarktregale kommt Sorge auf. Seit geraumer Zeit mangelt es beispielsweise an Mehl und Sonnenblumenöl. Unbestritten ist die Ukraine ein wichtiger Exporteur von Agrarprodukten. Sie deckt einen Anteil von 11,5 Prozent der Weizenexporte und 17 Prozent der Maisexporte am Weltmarkt ab.

Doch wie steht es um die deutsche Landwirtschaft? Haben uns Klima- und Umweltschutzmaßnahmen sowie Einschränkungen bei der Düngemittelausbringung in die Abhängigkeit getrieben oder kann die Bevölkerung noch unabhängig von Agrarimporten versorgt werden? Fakt ist, daß die Produktivität landwirtschaftlicher Flächen in den vergangenen Jahrzehnten massiv angestiegen ist. Wurden in den 1950er Jahren durchschnittlich 2,6 Tonnen Weizen pro Hektar Anbaufläche produziert, sind es heute im Bundesschnitt 8,1 Tonnen auf derselben Flächengröße.

Agrarflächen müssen für erneuerbare Energien weichen

Der Produktivitätsanstieg stagniert aktuell aber. Die technischen Möglichkeiten zur weiteren Ertragssteigerung scheinen vorerst ausgeschöpft zu sein. Zeitgleich ist jedoch auch ein Bevölkerungswachstum von 69,5 Millionen Einwohnern im Jahr 1950 zu 83 Millionen im Jahr 2020 zu verzeichnen, wodurch die Nachfrage nach Agrarprodukten gestiegen ist. Die Produktivität mag zunächst gestiegen sein, ihr steht allerdings auch ein starker Rückgang der Agrarflächen gegenüber. So sank die landwirtschaftlich genutzte Fläche der Bundesrepublik allein im Zeitraum 1992 bis 2021 um rund 1,45 Millionen Hektar. Dies entspricht einer Verringerung von 54,8 auf 50,6 Prozent. Bildlich gesprochen handelt es sich hierbei in etwa um die Fläche Schleswig-Holsteins.

Im gleichen Zeitraum sank der Selbstversorgungsgrad der Bundesrepublik über alle produzierten Nahrungsmittel von 98 auf 88 Prozent. Der Maßstab zeigt an, in welchem Umfang die heimische Landwirtschaft den Bedarf der Bevölkerung decken kann. Grund für den stetigen Flächenverlust sind nicht in erster Linie Naturschutz- und Kompensationsmaßnahmen, sondern der Ausbau von Siedlung- und Verkehrsflächen sowie von erneuerbaren Energien und der Infrastruktur.

Deutschland ist Nettoimporteur von Agrarprodukten

Heute beträgt der tägliche Verlust landwirtschaftlich genutzter Flächen rund 52 Hektar pro Tag. Das entspricht knapp 73 Fußballfeldern. Die wenig ambitionierte „Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie“ der Bundesregierung sieht vor, den täglichen Flächenverlust bis 2030 auf 30 Hektar zu senken. In Anbetracht eines weltweit wachsenden Bedarfs an Agrarprodukten, ist dieser Wert zu niedrig angesetzt. Mit einem Selbstversorgungsgrad von 144 Prozent kann der Bedarf an Kartoffeln aktuell noch gedeckt werden, das gleiche gilt für Mais und Getreide mit jeweils 101 Prozent. Bei Obst und Gemüse liegt der Wert bei 19,9 beziehungsweise 37 Prozent.

Die Produktion von Ackerfrüchten über den Eigenbedarf der deutschen Bevölkerung hinaus ist mit Ausnahme der Kartoffel, insbesondere mit Blick auf unvorhergesehene Ereignisse, also äußerst gering. Den eindrucksvollen Beweis lieferten bereits die Dürresommer 2018 und 2019, als die Getreideproduktion um zehn Prozent einbrach.

Bereits heute ist Deutschland Nettoimporteur von Agrarprodukten. Die Importe übersteigen somit die Exporte. Derzeit liegt die Differenz zwischen der Einfuhr und Ausfuhr von Produkten bei 14 Milliarden Euro. Das sind bereits 4 Milliarden Euro mehr als noch 2010.

Ab 2023 droht weitere Verschärfung

Eine weitere Verschärfung der Lage wird ab dem Jahr 2023 eintreten. Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU schreibt eine pauschale Flächenstilllegung von vier Prozent vor. Ausgenommen hiervon sind nur kleine Betriebe, die eine Fläche von weniger als zehn Hektar bewirtschaften. Dies betrifft in Deutschland rund zwei Prozent der Agrarflächen und fällt somit nicht nennenswert ins Gewicht.

Auch ohne unvorhergesehene Schadereignisse wird die Versorgung der Bundesrepublik zu großen Teilen nicht mehr allein durch die deutsche Landwirtschaft gewährleistet werden können. Die Abhängigkeit von Agrarimporten wird in der Folge zunehmen.

In Anbetracht einer ständig wachsenden Weltbevölkerung und einer stetigen Zunahme von Wetterextrem, die den Ackerbau in vielen Teilen der Erde zunehmend erschweren, müßte der tägliche Flächenverlust in der Landwirtschaft schnellstmöglich eingedämmt werden. Deutschland verfügt über hervorragende Ackerstandorte und klimatische Bedingungen, die ertragreiche Ernten sichern. Systematische Flächenstilllegungen und baubedingte Flächenversieglung könnten aber zur Gefahr werden.

Kartoffelernte: Die Produktion von Ackerfrüchten über den Eigenbedarf der deutschen Bevölkerung hinaus ist, mit Ausnahme der Kartoffel, gering Foto: picture alliance / Jochen Tack
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