WASHINGTON. Zwar leidet Deutschland unter einer Jahrhundert-Inflation. Aber in den 1970er Jahren lagen die Teuerungsraten noch höher als heute. Das liegt jedoch vor allem daran, daß Inflationsraten damals anders gemessen wurden. In ihrer Untersuchung „Comparing Past and Present Inflation“ (Vergleiche vergangener und aktueller Inflationen) haben drei US-Ökonomen nun festgestellt, daß wir aktuell nicht weit von den Teuerungsraten von vor 50 Jahren entfernt sind.
Die Wissenschaftler Marijn A. Bolhuis, Judd N. L. Cramer und Lawrence H. Summers haben die Parameter für die Inflationsberechnung nun vereinheitlicht. „Wenn wir diese Instrumente benutzen, stellen wir fest, daß das aktuelle Inflationslevel viel näher an früheren Inflationshöhepunkten liegt als die offiziellen Zahlen suggerieren“, schreiben sie.
Damals stiegen die Zinsen auf 20 Prozent
So ergibt sich nach heutigen Kriterien für die US-Kerninflation von 1980 nur noch ein Wert von 9,1 Prozent. Offiziell wurde sie damals jedoch mit 13,6 Prozent angegeben. Aktuell liegt sie bei 5,9 Prozent. Das heißt, die Differenz ist deutlich kleiner als angenommen. Bei der Kerninflation sind Lebensmittel- und Energiepreise herausgerechnet, um festzustellen, wie weit die Teuerung in andere Bereiche vorgedrungen ist.
Damit wieder eine Kerninflationsrate von zwei Prozent erreicht werden könne, sei heute ein „Rückgang in ähnlichem Ausmaß“ nötig wie damals, schreiben die Wirtschaftswissenschaftler. 1980 hatte US-Notenbankchef Paul Volcker die Zinsen auf 20 Prozent angehoben. Dies ließ die Teuerung damals einbrechen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Zinsen bisher nur auf 0,5 Prozent gesteigert. Finanzexperten bezweifeln, daß diese Geldpolitik ausreicht, um die Inflation zu bekämpfen. Bisher hat die EZB auch noch keine Krisensitzung zu der sich zuspitzenden Preisentwicklung abgehalten. (fh)