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Meinung: Frontalangriff auf Familienunternehmen

Meinung: Frontalangriff auf Familienunternehmen

Meinung: Frontalangriff auf Familienunternehmen

Wolfgang Schäuble
Wolfgang Schäuble
Wolfgang Schäuble: Dreh an der Steuerschraube Foto: dpa
Meinung
 

Frontalangriff auf Familienunternehmen

Die Bundesregierung will die Erbschaftssteuer erhöhen. Betroffen davon sind vor allem Familienunternehmen. Tatsächlich ist die Besteuerung auf das Erbe eine doppelte, wenn nicht gar eine mehrfache und damit höchst ungerecht. Ein Kommentar von Lukas Steinwandter.
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Während der Staat in der Asylkrise untätig zusieht, wie tagtäglich Tausende Menschen illegal nach Deutschland einreisen, packt er an anderer Stelle mit beiden Händen kräftig an. Seit Monaten hat er das Vermögen von Familienunternehmern ins Visier genommen. Die Debatte um die geplante Neuregelung der Erbschaftsteuer ging am Montag in eine neue Runde. Finanzminister Wolfang Schäuble bezifferte das Mehraufkommen der geplanten Erbschaftsteuerreform auf 1,5 Milliarden Euro. Das sind 30 Prozent mehr als beim derzeit geltenden Recht.

Grund für die Reform ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Dezember vergangenen Jahres. Darin hieß es, daß Steuerprivilegien für Firmenerben in ihrer derzeitigen Form gegen das Grundgesetz verstießen. Dem Finanzminister gab das Gericht bis Ende 2016 Zeit, ein neues Gesetz zu erlassen. Im Regierungsentwurf war noch von läppischen 200 Millionen die Rede, die an Zusatzeinnahmen generiert würden, nun sollen es 1,5 Milliarden sein. Die CDU nähert sich damit gefährlich an die Positionen der SPD an. Dessen finanzpolitischer Sprecher meinte in der Bundestagsdebatte zur Erbschaftsteuerreform, Familienunternehmer müßten sich „fair an der Stärkung der Gemeinschaft beteiligen“.

Dabei forderten die Karlsruher Richter die Politik keineswegs dazu auf, die Steuer zu erhöhen. Im Gegenteil: Schäuble könnte die Erbschaftsteuer einfach komplett abschaffen, dann bräuchte es auch keine Annullierung der Privilegien für Firmenerben. Statt dessen beherrschen die Diskussion jene, die Erben als unfair erachten, weil es einigen finanzielle Vorteile und damit größere Chancen auf ein erfolgreiches Leben bringe. Sozialromantiker wie Wolfgang Gründinger fordern deshalb den exzessiven Ausbau der Umverteilungsmaschinerie: „Ich plädiere für einen zweckgebundenen Generationen-Soli, der beispielsweise in den Ausbau der Kinderbetreuung oder die Ausstattung von Schulen und Universitäten fließt“, schrieb Gründinger in der Zeit.

Die Erbschaftssteuer ist ungerecht

Faire Startchancen für alle. Klingt schön und gut. Tatsächlich ist die Besteuerung auf das Erbe eine doppelte, wenn nicht gar eine mehrfache und damit höchst ungerecht. Denn das zum Vererben gebildete Vermögen ist Einkommen – also bereits besteuert. Damit nicht genug, stellt die Erbschaftsteuer ein für Unternehmer schwer kalkulierbares Risiko dar. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Eric Schweitzer, mahnte am Montag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, daß „für die Familienunternehmen, für den Standort, für so manche Region und vor allem für die Arbeitnehmer“ viel auf dem Spiel stehe. Klar: Unternehmerkapital besteht häufig aus Maschinen, Immobilien oder Wissen und liegt nicht auf der Bank. Die Steuer kennt da allerdings kein Pardon: Wenn Papa das Unternehmen seinem Sohnemann vererben will, muß die Kohle locker sitzen.

Der alte Fuchs Schäuble glaubt auch dafür eine Lösung parat zu haben. Erben, die mehr als 26 Millionen Euro Betriebsvermögen erhalten, sollen eine Bedürfnisprüfung absolvieren. Damit soll nachgewiesen werden, daß ein Erbe die Steuerlast nicht tragen kann, ohne den Betrieb zu schädigen und damit das Firmenerbe verschont bleibt. Doch genau das ist ein Problem, meinen Wirtschaftsverbände. Denn das herkömmliche Bewertungsverfahren weist in Niedrigzinsphasen wie jetzt viel zu hohe Werte auf, als bei einem Verkauf tatsächlich erzielt werden könnten. Somit würden auch Betriebe in die Bedürfnisprüfung getrieben, die eigentlich gar nicht 26 Millionen Euro wert sind.

Unternehmerfeindliche Politik

Der Zeitpunkt für den Frontalangriff auf Familienunternehmer könnte unpassender nicht sein. Der Wirtschaftswissenschaftler Hans-Werner Sinn vom Ifo-Institut bezifferte die staatlichen Kosten für die Asylkrise allein für das Jahr 2015 auf 21,1 Milliarden Euro. Nun sollen genau jene Akteure, die zu einem Großteil das Geld in die Kassen des Staates spülen, noch mehr belastet werden. Das Institut für Mittelstandsforschung errechnete, daß 95 Prozent der deutschen Unternehmen Familienunternehmen sind. Fast zwei Drittel aller steuer- und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten sind bei ihnen beschäftigt. Sie erzeugen mehr als 40 Prozent aller steuerbaren Umsätze.

Familienunternehmen ermöglichten den Platz an der Sonne, den weiland Kaiser Wilhelm II. mit der schaumweinsteuerfinanzierten Hochseeflotte 1902 erkämpfen wollte. Die Schaumweinsteuer gibt es übrigens heute noch. Auch der Wirtschaftsliberale Ludwig Erhard, der Westdeutschlands Platz an der Sonne nach 1945 sicherte, schaffte sie nicht ab. Nun stechen zwar wieder deutsche Kriegsschiffe vor Afrika in See, wie lange sie oder die schrottreifen Tornados, in denen unsere Piloten für fremde Interessen ihr Leben riskieren, finanzierbar sind, ist bei dieser unternehmerfeindlichen Politik indes ungewiß.

Politiker täten gut daran, auf die Worte Erhards zu hören, der 1957 schrieb: Familien streben danach, „Eigentum zu erwerben und dadurch unabhängig zu werden, daß sie mehr an menschlicher Würde entfalten können, weil sie dann nicht mehr auf die Gnade anderer, auch nicht auf die Gnade des Staates angewiesen sind“. Dann hätte auch der Staat wieder seine Hände für andere Arbeiten frei.

Wolfgang Schäuble: Dreh an der Steuerschraube Foto: dpa
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