MÜNCHEN. Der Chef des Münchner Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung Hans Werner Sinn hat die Ergebnisse des jüngsten Berichts zur regionalen Armutsentwicklung in Deutschland des Paritätischen Wohlfahrtsverbands angezweifelt. Die darin enthaltene Armutsdefinition lasse zu viele Personen „unter die Armutsgefährdungsschwelle rutschen“, sagte der Wirtschaftswissenschaftler der JUNGEN FREIHEIT.
Sinn kritisierte die Armutsdefinition der Autoren der Studie: „Die Studie berechnet nicht die Armutsgrenze, die bei 40 Prozent des Medianeinkommens liegt, sondern die Armutsgefährdungsgrenze, die bei 60 Prozent angesiedelt ist.“ Das Medianeinkommen ist ein statistischer Wert, vergleichbar dem Durchschnittseinkommen. Erst dadurch, daß die Einkommen durch Anwendung von sogenannten Bedarfsfaktoren rechnerisch verkleinert würden, rutschten viele unter diese Schwelle“, sagte Sinn der JF.
In der Studie „Von Verhärtungen und neuen Trends“ ist von einer alarmierenden Entwicklung die Rede: Immer mehr Deutsche seien von Armut bedroht. Insgesamt zwölf Millionen oder 14,5 Prozent. In den neuen Bundesländern liege das Armutsrisiko gar bei 19 Prozent. Auch in strukturschwachen Regionen Westdeutschlands wie dem Ruhrgebiet sei das Risiko groß. Die Armut habe sich in Deutschland trotz der guten Konjunktur verfestigen können, heißt es in der 23seitigen Studie. Als armutsgefährdet gilt nach dieser Studie eine vierköpfige Familie, wenn sie weniger als 1.735 Euro monatlich zur Verfügung hat. (rg)