Für die Einführung der Studiengebühren spricht, daß die Schere zwischen Arm und Reich wieder etwas geschlossen wird – und nicht, wie fälschlich behauptet, geöffnet. Erfolgreiche Studienabsolventen verdienen in der Regel mehr Geld und sind seltener arbeitslos als Nichtakademiker. Das Studium öffnet somit die Schere zwischen einkommensärmeren Nichtakademikern und einkommensreicheren Akademikern. Wenn letztere einen Teil ihres zukünftigen Einkommens für ihr Studium bezahlen, das dann nicht mehr allein aus Steuermitteln finanziert wird, die auch die Nichtakademiker entrichten, ist das nicht nur gerecht aus der Sicht der Kostenverursachung, sondern auch einkommensausgleichend gerecht. Ein ebenso wichtiger, komplexerer Bereich der Befürwortungsargumente betrifft den inneruniversitären Betrieb. Studiengebühren erhöhen die Kostentransparenz des Studiums. Vielen Studenten ist kaum klar, daß sie den Staat Geld kosten. Und wenn doch, halten sie dies für eine Selbstverständlichkeit. Das bewirkt eine größere Laxheit beim Studium: Wenn es klappt, ist es gut, wenn nicht, ist auch nichts verloren. Die individuell notwendige Kalkulation, ob sich das Studium bei gegebenem Einsatz von Geld und Talent lohnt, wird verzerrt. Viele der heutigen Studienabbrecher hätten bei bestehenden Studiengebühren möglicherweise schärfer kalkuliert und das Studium berechtigterweise erst gar nicht begonnen oder ihren Studienfleiß hinreichend erhöht. Wer andererseits das finanzielle Wagnis eines Studiums scheut, obwohl möglicherweise hinreichende Begabung vorhanden ist, offenbart den Mangel an einer essentiellen Voraussetzung für das akademische Studium: das brennende Interesse am Studienfach. Daß es zur Zeit bei vielen Studenten daran hapert, beweisen die zahlreichen Studienfachwechsel und die häufig geäußerte Studienfachbegründung, hauptsächlich damit später viel Geld verdienen zu wollen. Auf der Studienangebotsseite erhöhen Studiengebühren die Leistungstransparenz der Hochschule. Wenn nun offensichtlich und von den Studenten direkt etwas für das Lehrangebot zu zahlen ist, wird die Beurteilung der „gelieferten Ware“ kritischer. Das führt zu einem verstärkten Druck auf die Unis, auf die Qualität der Lehre, der Professoren und der Ausstattung des Lehrbetriebs zu achten. Klagen über ein mangelhaftes Dienstleistungsangebot der Unis wurden zwar schon vorher gegenüber den Kultus- oder Wissenschaftsministerien vorgetragen, die studentische Unterstützung der Universitätsnotrufe – etwa durch „Streiks“ – konnte jedoch nie überzeugen. Nun kann der „Kunde“ Student unbefriedigende Gegenleistungen für seine Zahlungen durch Studienort- oder Studienfachwechsel sanktionieren oder – direkt oder indirekt – eine Preissenkung durchsetzen. Wie der Vergleich mit europäischen Nachbarstaaten zeigt, führt die Einführung von Studiengebühren nicht zu einer „sozialen Selektion“. Wer nun dennoch dagegen ist, begibt sich auf das Niveau der Befürwortung von Theatersubventionen.
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