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Riskanter Atomaussteig

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Obwohl der Ausstieg aus der Kernenergie die weitreichendste energie- und umweltpolitische Entscheidung der rot-grünen Bundesregierung ist, spiegeln sich deren gravierende Konsequenzen in keiner Weise in der öffentlichen Diskussion wider. Und dies trotz der Tatsache, daß die Absage an die Nutzung der Kernenergie die nationalen energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen nachhaltig ändern wird. Der insbesondere auf Betreiben der Grünen herbeigeführte Ausstieg fällt in eine Zeit, in der bei der Kerntechnik erhebliche technische Fortschritte bezüglich Sicherheit und Effizienz zu melden sind. In vielen Staaten wird die Kernenergie als Schlüsseltechnik angesehen – die damit verbundenen Ängste in Deutschland oder Österreich sowie die ungelöste Entsorgungsfrage sind vielerorts kein Thema. In den USA wurde sogar ein Entwicklungsprogramm für Kernkraftkonzepte aufgelegt, dem inzwischen acht Staaten beigetreten sind. Frankreich will seine Altanlagen ab 2015 durch neue Anlagen ersetzen, auch Finnland und die Tschechei setzen auf AKWs. Wolfgang Kröger, Professor für Sicherheitstechnik an der ETH Zürich und Leiter des Laboratoriums für Sicherheitsanalytik, sprach deshalb davon, daß es „töricht“ wäre, „in der heutigen Situation die Kernspaltung als Option aufzugeben“. Sie sei vielmehr in zwei Richtungen weiterzuentwickeln: „zum einen in Richtung der Kraftwerke selbst“, um die Konsequenzen möglicher schwerer Unfälle weiter einzudämmen. Zum anderen sollten „Brennstoffe und Brennstoffzyklen“ so weiterentwickelt werden, daß der „Brennstoff besser ausgenutzt“ und die „Anforderungen an Endlager reduziert werden“. An all dem will sich Deutschland nicht mehr beteiligen. SPD und Grüne setzen statt dessen auf Windkraft, Energie aus Biomasse oder Solartechnik. Damit werden die Folgen des Atomausstiegs aber nicht zu kompensieren sein. Schätzungen gehen davon aus, daß durch die Abschaltung der Kernkraftwerke in Deutschland eine Versorgungslücke von fast 30 Prozent des Bedarfs entstehen wird. Das muß aber von Bundesland zu Bundesland differenziert gesehen werden. 1999 lag der Anteil der Kernenergie bei der Stromerzeugung in Bayern bei 64,3 und in Baden-Württemberg bei 57,1 Prozent. In Deutschland insgesamt waren es nur 31 Prozent. Irritierend ist vor diesem Hintergrund, daß der Widerstand dieser beiden Unionsländer gegen die rot-grüne Ausstiegsentscheidung nicht deutlicher ausgefallen ist. Welche Kosten auf die deutsche Volkswirtschaft zukommen werden, wenn die Stromversorgung in Deutschland auch in Zukunft gesichert werden soll, machten Hermann Franz, Ex-Aufsichtsratschef der Siemens AG, und Berthold Leibinger, Geschäftsführender Gesellschafter der Trumpf GmbH & Co. KG, in ihrer Funktion als Innovations- bzw. wissenschaftlich-technische Beiräte der bayerischen bzw. baden-württembergischen Landesregierung auf einer Tagung zur Zukunft der Energieversorgung deutlich: es müsse mit „beträchtlichen zusätzlichen Kostenbelastungen“ in einer Höhe von etwa 100 Milliarden Euro gerechnet werden. Die rot-grüne Bundesregierung will bis zum Jahre 2030 die Lücke, die der Ausstieg aus der Kernenergie reißt, mit allen zur Verfügung stehenden erneuerbaren Energiequellen kompensieren. Zum Vergleich: Heute werden nicht mal zehn Prozent der Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien bestritten. Wie problematisch deren weiterer Ausbau ist, zeigt das Beispiel Windkraft. Windkraft ersetzt kein konventionelles Kraftwerk Diese Stromeinspeisung ist stark problembehaftet. Windkraftanlagen liefern bei zu geringem Wind keine Energie und stehen dann still. Bei zu starkem Wind während eines Sturmes müssen sie abgeschaltet werden. Eine entsprechende Ersatzleistung ist für diese Fälle vorzuhalten, damit das Netz nicht zusammenbricht. Schon jetzt ist deutlich: Mit Windkraft kann kein einziges konventionelles Kraftwerk ersetzt werden. Damit ist die Frage, ob der weitere Ausbau von Windkraft (oder der Sonnenenergie) auch wirtschaftlich vertretbar ist, noch gar nicht berührt. Helmut Alt, Honorar-Professor an der Fachhochschule Aachen, spielte in diesem Zusammenhang im Rahmen eines Vortrages folgendes Szenario durch: „Planungen der rot-grünen Bundesregierung haben zum Ziel, den oben dargestellten Kraftwerksmix mittel- bis langfristig erheblich zugunsten der erneuerbaren Energien zu ändern. Windkraft könnte in einem technisch machbaren fiktiven Mix mit 25 Prozent den höchsten regenerativen Anteil abdecken, gefolgt von Solarenergie (zehn Prozent), Wasser (fünf Prozent) sowie Müll und Biomasse (fünf Prozent).“ Auf der fossilen Seite des Mixes hätte Braunkohle wie bisher einen Anteil von 28 Prozent, Erdgas 15 Prozent und deutsche Steinkohle einen deutlich verringerten Anteil von zwölf Prozent. Der Kernenergiestrom wurde in diesem Modell mit null Prozent angesetzt. Die Konsequenzen: „Der Durchschnittpreis der inländischen Stromerzeugung von derzeit drei Cent/kWh würde in dem geänderten Kraftwerksmix dann auf neun Cent/kWh steigen“, schlußfolgert Alt. „Die Jahreskosten für die Stromerzeugung stiegen von derzeit 15 auf zukünftig 45 Milliarden Euro.“ Hier stelle sich die Frage, so Alt, wie sich diese erhebliche Kapitalbelastung auf die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschlands auswirken werde. „Durch den Verzicht auf die im Grundlastbereich kernenergiegestützte Stromerzeugung mit hoher Verfügbarkeit wäre ein erheblicher Zusatzbedarf abzudecken, dessen Herkunft bisher noch unklar ist“, so Alt. Sicher ist nur eines: Die Abhängigkeit von ausländischen Energieträgern wird weiter zunehmen. Bereits heute beruht die Energieversorgung Europas zu gut 50 Prozent auf Energieimporten. In Deutschland liegt diese Quote sogar noch höher: 61 Prozent der in Deutschland verbrauchten Energie (Stand: 2000) kommt aus dem Ausland. Diese Quote wird, darin sind sich die Experten einig, nach dem Ausstieg aus der Kernenergie in den Jahren 2020 bis 2030 auf 75 Prozent ansteigen. Der Import von Erdöl und Erdgas spielt in diesem Zusammenhang eine exponierte Rolle. Im Hinblick auf Erdöl ist Deutschland fast völlig von Importen abhängig, bei Erdgas zu über 75 Prozent. Prognosen gehen davon aus, daß bei Steigerungsraten von drei Prozent im Hinblick auf den weltweiten Ölverbrauch innerhalb der nächsten 25 Jahre Rohöl knapp und entsprechend teurer wird. Freundlicher stellt sich die Situation beim Erdgas dar. Hier stehen Reserven für einen deutlich längeren Zeitraum zur Verfügung. Während beim Erdöl 40 Prozent des Gesamtpotentials auf den Nahen Osten entfallen, konzentrieren sich die Erdgas-Ressourcen vor allem auf Rußland, Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan und den Nahen Osten. Ein steigender Anteil von Erdgas an der Gesamtversorgung wird allerdings mit deutlich höheren Kosten verbunden sein. Die Transportkosten von Erdgas übersteigen die von Erdöl deutlich. Die Versorgung mit Erdgas ist also nur dann halbwegs rentabel, wenn die Fördergebiete nicht zu weit entfernt liegen. Wenn es in Deutschland nicht gelingt, erneuerbare Energien in absehbarer Zeit verstärkt wirtschaftlich zu nutzen – und danach sieht es nicht aus -, wird mit allen damit verbundenen Unwägbarkeiten Deutschlands Importabhängigkeit von Erdgas erheblich ansteigen. Daß der harte Wettbewerb im Strommarkt Fakten schafft, welche die rot-grüne Politik ad absurdum führen, zeigt ein bereits Ende 1999 getätigter Vertragsabschluß des Bayernwerkes (heute Eon) mit einem russischen Energieunternehmen. Das Hamburger Magazin Stern kommentierte dieses Geschäft seinerzeit wie folgt: „Ab 2001 wird der russische Energieversorger Rao EES Rossiji jährlich rund fünf Milliarden Kilowattstunden Atomstrom nach Deutschland schicken. Die Lieferung ersetzt rechnerisch ein halbes deutsches Kernkraftwerk, zu einem Preis, der jeden westlichen Konkurrenten ruinieren würde: 1,8 und 2,5 Pfennig je Kilowattstunde.“ Verträge dieser Art könnten in Deutschland schon bald die Regel werden – und in Rußland oder der Ukraine gelten keine EU-Umweltauflagen. Energieprognose: Der Kernenergieausstieg kann nicht durch Einsparungen und erneuerbare Alternativen ausgeglichen werden

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