Erst kürzlich hat die EU-Kommission den Bau eines neuen Atomkraftwerks in Olkiluoto (Finnland) genehmigt. Die Slowakei setzt auf Mochovce 3 und 4. Bis 2006 will Rumänien Cernavoda 2 in Betrieb nehmen. Drei Jahre später soll in Bulgarien das AKW Belene ans Netz gehen. Maßgebliche tschechische Regierungsmitglieder zweifeln nicht daran, daß sich bald fast alle EU-Länder „der Seite der Vernunft und des technischen Fortschritts“ anschließen und auf Atomkraft setzen werden. Der EU-Beitrittskandidat Türkei schließlich ebnet gerade den Weg für ein AKW im massiv erdbebengefährdeten Akkuyu. Die vor allem von Osteuropa ausgehende drohende Renaissance der Nuklearenergie hat sich die „alte“ EU selbst zuzuschreiben. Niemand darf sich angesichts der vergangenen Versäumnisse europäischer (Anti-)Atompolitik wundern, daß beigetretene und beitrittswillige Länder sich derzeit so ungeniert zu einer atomaren Zukunft bekennen. All diese Staaten können sich dabei getrost auf EU-Energiekommissarin Loyola de Palacio berufen, die die Kernenergie erst kürzlich wieder als „attraktive wirtschaftliche Option“ bezeichnete und betonte, daß sie zur Bekämpfung des Klimawandels beitrage. Beide Argumente sind zynisch: Die sogenannte wirtschaftliche Attraktivität resultiert aus den milliardenschweren Euratom-Subventionen, durch die nicht zuletzt die Entwicklung der Erneuerbaren Energien massiv behindert wird. Und die Atomkraft gegen den Klimawandel einzusetzen, heißt nichts anderes, als den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben. Einziger Hoffnungsschimmer derzeit: eine europaweite Konferenz zur Demokratisierung und Reform des Euratom-Vertrages. Bemühungen darum sind seit 1. Mai dieses Jahres schwieriger denn je. Um so mehr braucht es daher hartnäckige und beherzte Politiker, die der übermächtigen Atomlobby nicht nur Widerstand, sondern eine Gegenvision und Wege zu deren Realisierung entgegenzusetzen haben: im Bewußtsein, daß eine Zukunft im Zeichen Erneuerbarer Energien die einzig mögliche für uns ist. Dr. Hans Kronberger ist FPÖ-Mediensprecher und war bis Juli 2004 Abgeordneter im Europäischen Parlament.