Nach einem umstrittenen Referendum wurde Ungarn 1999 Mitglied der Nato – obwohl nicht mal die Hälfte der Wahlberechtigten an der Abstimmung teilnahm. Und im Rahmen der Nato-Mitgliedschaft verpflichtete sich das Land, im Süd-Westen in der Nähe von Fünfkirchen (Pécs) eine Radaranlage zu errichten. Die Anlage, die etwa 2.000 Quadratmeter Fläche braucht, soll im Mecsek-Gebirge gebaut werden, auf dem 682 Meter hohen Zengö. Der Berg ist neben dem Dobogó der höchste Gipfel in diesem kleinen Gebirgszug und steht wegen seiner einzigartigen Flora und Fauna unter Naturschutz. Im Rahmen des Donau-Drau-Nationalparks (Duna-Dráva Nemzeti Park) bildet der Zengö mit dem Ost-Mecseker Naturschutzgebiet (Észak-Mecsek Tájvédelmi Körzet) eine eigenständige Einheit. Trotz dieser verbrieften Sicherheiten könnte dem Zengö zum Verhängnis werden, daß der US-Luftwaffenstützpunkt Taszár kaum 60 Kilometer entfernt ist. Der Stützpunkt, der 1999 im Angriffskrieg gegen Jugoslawien eine bedeutende Rolle spielte, machte Schlagzeilen, als bekannt wurde, daß dort irakische Oppositionelle ausgebildet werden sollen (JF 5/03). Nun gerät die Region wieder in den Blickpunkt. Nachdem die Bürger von der geplanten Radaranlage erfuhren, begannen sie umgehend den Widerstand zu organisieren. Beteiligt sind die „Zivilisten für den Zengö“ (Civilek a Zengöért), der „Grüne Kreis Fünfkirchen“ (Pécsi Zöld Kör), der „Schutzbund“ (Védegylet) und die Umweltorganisation Greenpeace. Um die Rodung der Anfahrtswege und der Baustelle zu verhindern, errichteten etwa 50 Aktivisten am 11. Februar Barrikaden aus alten Baumstämmen. Rund um die Uhr wurde eine „Wache“ errichtet, um eine Nacht-und-Nebel-Rodung der Waldarbeiter zu verhindern. Am 14. Februar kamen sogar rund 500 Menschen als lebende Schutzschilde zu „ihrem Zengö“. Die Umweltschützer hatten die Zeit auf ihrer Seite, denn die Erlaubnis für den Kettensägeneinsatz galt nur bis zum 15. Februar. Danach dürfen die Bäume erst wieder im Oktober geschlagen werden. Allerdings ist zu bezweifeln, ob nicht im Laufe des Sommers doch noch die Nato ihr Werk verrichtet, denn außer einer Geldstrafe wegen unzeitgemäßer Rodung wird man ihr nichts anhaben können. Daß die Umweltaktivisten das ganze Jahr über aufpassen werden, ist schon allein aus finanziellen Gründen nicht zu vermuten. Im Vorfeld der „Aktion Schutzschild“ forderten die Umweltschützer Ungarns Ministerpräsidenten Péter Medgyessy (der ein sozialistisch-linksliberales Kabinett führt) auf, die Nato-Investition zu stoppen. Die Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament wandte sich mit der gleichen Bitte an die Nato-Offiziellen. Für die Gegner der Radaranlage ist die Investition überflüssig, denn – so wird argumentiert – mit dem Nato-Beitritt Sloweniens und Rumäniens in diesem Jahr stünden viel bessere Bergkuppen zur Auswahl.