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Innovationen für unsere Lebensgrundlagen

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Unwort, Umfrage, Alternativ

Die Broschüre „Forschung für nachhaltiges Wirtschaften“ des Bun-desministeriums für Bildung und Forschung beginnt mit den Worten: „Nachhaltige Entwicklung – dafür gibt es zehn Jahre nach dem UN-Gipfel für Umwelt und Entwicklung kein Patentrezept“. Das dürfte untertrieben sein. Denn es gibt weder ein Patentrezept, noch irgendein anderes. Der Begriff der „Nachhaltigkeit“ ist zudem nicht abstrakt, wie es weiter heißt, sondern er stammt aus der Forstwirtschaft. Vielmehr wird der Begriff davon abstrahiert, um ihn dann, wie es weiter heißt, „mit Leben“ zu füllen. Dieses Leben meint dasjenige von Forscherinnen und Forschern. Das besagt erst einmal nicht mehr und nicht weniger, als daß ein Begriff inhaltsentleert wird, mit dessen Auffüllung dann Wissenschaftler ihr Brot verdienen, so daß alle etwas davon haben, nicht aber die Umwelt. Denn würde man den Begriff der Nachhaltigkeit gleich ernst nehmen, hieße das, zwischen Wirtschaftsexpansion und natürlicher Umwelt abzuwägen, um die Priorität für letztere zu setzen. Statt dessen aber kommt das erste von zehn Kapiteln gleich auf den Punkt, wenn es verkündet, „daß Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Erfolg kein Widerspruch sind, sondern sogar sich bestens ergänzen.“ Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) also schafft Arbeitsplätze für den Umweltschutz. Nur um das zu glauben, muß man ziemlich regierungstreu sein. Richtig ist, daß mit dem weltweiten Wirtschaftswachstum auch die Verbrauchsdaten im Energie- und Rohstoffbereich gestiegen sind. In Deutschland gibt es hingegen nur minimale Wachstumsraten aus dem Bereich der Volkswirtschaft. Das aber müßte der vorgestellten Logik zufolge der Umwelt schaden, weil die Wirtschaftsexpansion doch Umweltschutzmaßnahmen angeblich ergänzt. Wer die ganze Nachhaltigkeitsdiskussion wissenschaftlich von ihren inneren Widersprüchen her en gros kritisieren will, wird aus der vorliegenden Broschüre nicht schöpfen können. Sehr wohl aber werden im Detail Fakten präsentiert, die als solche wissenswert sind. So zum Beispiel, daß Aktien und Fonds „grüner“ Anbieter und ethischer Geldanlagen sich in den Jahren 1993 bis 2002 besser entwickelt haben als konventionelle. „Öko-Audit“ aus Angst vor Greenpeace-Kampagnen Gemessen wird das an Hand eines Vergleichs des klassischen „Dow Jones“-US-Aktienindex mit dem „Dow Jones Sustainability World Index“. Schaut man genauer hin, zeigt sich, daß beide Aktienindizes sich voneinander entfernt haben, so daß aus 100.000 Dollar im Jahr 1993 Ende 2001 auf der einen Seite etwa 240.000 Dollar wurden, auf der anderen nur rund 200.000 Dollar. Fakt ist angeblich auch, daß sich etwa die Hälfte der Geschäftsführungen mit dem Nachhaltigkeitsthema 2001 beschäftigt haben. Das kann erstens inhaltlich technische Fragen betreffen, zweitens branchenbezogene Verbesserungen einzelner Produkte, drittens Untersuchungen über Folgen unternehmerischen Handelns im Ausland. Ersteres führt oft zur Umsetzung von Öko-Audit-Vorschriften. Letzteres betrifft hingegen vor allem Großkonzerne, die sich immer wieder, etwa durch Greenpeace-Kampagnen, am Pranger der Öffentlichkeit wiederfinden, wie aktuell etwa Esso/Exxon. Der US-Konzern hat in Australien einen Abnahmevertrag für Erdölprodukte unterzeichnet, das aus Ölschiefer gewonnen wird, was das Naturparadies Barrier Reef bedroht und obendrein klimaschädliche Treibhausgase freisetzt. Allein die Beschäftigung mit dem Nachhaltigkeitsthema muß also noch nicht viel über das Ergebnis dieser Beschäftigung aussagen. Bleibt der Bereich der Produktinnovation, der eng mit der Forschung und Forschungsförderung des Bundesministeriums verbunden ist. Hierüber will die Broschüre dann auch Rechenschaft ablegen. Gefördert wird demnach die Agrarökosystemforschung, die Forschung zur Reduktion von Abfall in der Lebensmittelbranche, die Entwicklung von Holzwerkstoffen aus Produktionsresten. Auch im Bereich der Elektronik wird im Verbund von Wissenschaft und Unternehmen an Umweltinnovationen gearbeitet. Da wäre ein 2001 angelaufenes, auf drei Jahre befristetes Projekt zu nennen. Entwickelt werden thermoplastische Leiterplatten. Diese stellen eine Alternative zu den bislang üblichen Leiterplatten aus Duroplast-Kunststoff dar, welche in allen Elektrogeräten zum Einsatz kommen. Das neue Material soll nach Gebrauch wieder zu hochwertigen Produkten wie Leiterplatten oder Karosseriebestandteilen verarbeitet werden können – eine echte Neuerung. Der technische Umweltschutz ist also noch nicht an seine Grenzen gestoßen. Die entscheidende Frage aber, wie hoch entsprechende Förderungen im Vergleich zu anderweitigen Bereichen wie dem der Entwicklung und Anschaffung des Metrorapid ausfallen, bleibt unbeantwortet – und das aus guten Gründen. Letzteres verschlingt allein schon Milliarden von Euro, von der Luft- und Raumfahrt gar nicht erst zu reden. All das spricht über die tatsächlichen Prioritäten in Sachen Nachhaltigkeit die deutlichste Sprache, um dann auch nach fast 40 Seiten Lektüre zur Innovation im Umweltschutzbereich nicht die Bodenhaftung zu verlieren. Forschung für nachhaltiges Wirtschaften. Lösungswege für die Praxis, hrsg. vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, 37 Seiten. Kostenlos zu beziehen beim BMBF, Referat für Öffentlichkeitsarbeit, PF 300235, 53182 Bonn.

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