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Brückenschlag über die Neiße

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Brückenschlag über die Neiße

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Die Herzen der alten und jungen Schlesier werden am 13. Mai höher schlagen. An diesem Tag öffnen sich in der niederschlesischen Metropole die Tore des Schlesischen Museums zu Görlitz. Im Schönhof, einem für rund neun Millionen Euro sanierten Renaissancebau von 1526 am Untermarkt, wird künftig in einer Dauerausstellung schlesische Kultur zu bewundern sein: Malerei und Plastik, Goldschmiedearbeiten, Glas und Keramik, Werkzeuge und Gegenstände des alltäglichen Lebens. Mit dem Umzug des seit Dezember 2001 eher provisorisch im Haus „Zum goldenen Baum“ untergebrachten Museums erfüllt sich ein lang gehegter Traum. Bereits in den 1970er Jahren hatte die Landmannschaft Schlesien die Einrichtung eines zentralen Museums für Schlesien angeregt. War ursprünglich Niederschlesien als Sitz vorgesehen, so konnte durch die Wiedervereinigung Deutschlands das Projekt in jenen Teil Sachsens verlegt werden, der gemäß der Verfassung des Freistaates neben den sächsischen Farben auch die Schlesiens offiziell flaggt. In einer Vitrine hingen die Schlüssel der Vertriebenen Noch heute gilt Görlitz vielen Heimatvertriebenen als „Tor zu Schlesien“. Trotzdem war der Aufbau des neuen Museums, das von Bund, Land Sachsen, Stadt Görlitz und Landsmannschaft Schlesien getragen wird, nicht einfach. Die etablierten westdeutschen musealen Einrichtungen witterten unliebsame Konkurrenz, als der Bundesbeauftragte für Kultur und Medien beschloß, einen großen Teil des Museumsgutes schlesischer Provenienz in Bundeseigentum nach Görlitz zu überführen. Nicht unkompliziert war es auch, gegenüber den polnischen Nachbarn, die ein schlesisches Museum viel lieber in Breslau gesehen hätten, Verständnis für die Notwendigkeit einer derartigen Einrichtung im bei Deutschland verbliebenen Teil Schlesiens zu finden. Das Team um Museumsdirektor Markus Bauer hat die vergangenen vier Jahre genutzt, um sich an das Thema Schlesien „heranzutasten“. Für Furore sorgte bereits die erste Ausstellung – richtungsweisend „Auf der Suche nach Schlesien“ überschrieben -, die von Dezember 2001 bis April 2004 zu sehen war. Besonders beeindruckend war seinerzeit eine Vitrine voller großer Schlüssel. Es handelte sich um die Türschlüssel von den Häusern Vertriebener. Obwohl die Besatzungsmacht verboten hatte, Schlüssel mitzunehmen, hatten sich viele Schlesier nicht von diesem Symbol des Eigentums trennen wollen. Wenn diese heute im Museum hängen, dann zeige das, daß ihre einstigen Besitzer inzwischen die Hoffnung aufgegeben haben, diese Schlüssel noch einmal benutzen zu können, sagt Bauer. Ohne selbst Partei zu ergreifen, versuchten die Ausstellungsmacher zu zeigen, wie sich Abschnitte schlesischer Geschichte aus deutscher und wie sie sich aus polnischer Perspektive darstellen. Gleichzeitig sollten Gestern und Heute miteinander verglichen werden. Die Resonanz war gewaltig. Während zahlreiche alte Schlesier – insbesondere jene, die es in die spätere DDR verschlagen hatte – die Gelegenheit nutzen, vielfach zum ersten Mal seit der Vertreibung in Erinnerungen an die alte Heimat zu schwärmen, zeigten sich Polen der Nachkriegsgeneration tief erschüttert: Was sie hier erfuhren, hatten sie in der Schule ganz anders dargestellt bekommen. Angeregt erzählten sich plötzlich deutsche und polnische Bürger der Europastadt Görlitz/Zgorzelec gegenseitig ihre Vertreibungsschicksale, denn viele der Einwohner des Ostteils der Stadt stammen ursprünglich aus den von Polen 1945 abgetrennten Ostgebieten. Inzwischen ist das Schlesische Museum längst eine feste Größe in den Reiseprogrammen der Heimattouristen. Aber auch Kulturinteressierte ohne schlesische Wurzeln finden nach Görlitz, um sich mit einem Kapitel lange Zeit verdrängter deutscher Geschichte zu beschäftigen. Und Schulklassen aus Zgorzelec, Hirschberg, Lauban und Bunzlau nutzen längst ganz selbstverständlich die mit deutschen und polnischen Texten versehenen Sonderausstellungen für ihren Regionalkundeunterricht. Teilweise sei das Interesse der jungen Polen sogar größer als das der deutschen Schüler, merkt Bauer an. Junge Polen zeigen mehr Interesse als deutsche Schüler Mit dem Umzug in das neue Domizil wächst die Ausstellungsfläche von bisher 300 auf dann 2.000 Quadratmeter. Der Besucher wird eine bedeutende Kulturlandschaften im Herzen Europas kennenlernen, die jahrhundertelang von Deutschen geprägt war: ein Land, das Flachs, Eisen und Kohle hervorbringt, eine der großen europäischen Gewerbelandschaften und Industriereviere. Die wechselhaften Schicksale des Landes werden zu verfolgen sein, das im Laufe seiner Geschichte polnisches Herzogtum, Nebenland der böhmischen Krone, preußische Provinz und Teil des Deutschen Reichs war und jetzt mit dem überwiegenden Teil seines Territoriums zu Polen gehört. Das Museum wird als zentrales Thema auf das Nebeneinander der Völker und Konfessionen auf schlesischem Boden, die Ausbildung der sprichwörtlichen „schlesischen Toleranz“ eingehen. Der Blick wird aber auch auf das heutige Schlesien und seine Perspektiven gerichtet. „Wir wollen dazu beitragen, daß der europäische Brückenschlag über die Neiße gelingt“, sagt Museumsdirektor Bauer. Deswegen hat er unter seinen Museumskollegen in Polen, aber auch in Tschechien und Deutschland für eine Sonderausstellung zum Thema Schlesien geworben: Jeder soll ein Stück nach Görlitz schicken. Diese wird gemeinsam mit der ständigen Ausstellung am 13. Mai eröffnet werden. Foto: Der Schönhof in Görlitz: Zweitausend Quadratmeter Museumsfläche Weitere Informationen: Schlesisches Museum zu Görlitz, Haus zum Goldenen Baum, Untermarkt 4, Tel. 0 35 81 / 87 91-0, Internet: www.schlesisches-museum.de

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