BERLIN. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes gelobt, wonach die Beteiligung von Fußballvereinen an Kosten eines polizeilichen Mehraufwandes bei Risikospielen in Bremen verfassungskonform ist. So entschied das Bundesverfassungsgericht am Dienstag. Eine entsprechende Verfassungsbeschwerde der Deutschen Fußball Liga (DFL) blieb demnach erfolglos.
Der stellvertretende Bundesvorsitzende der DPolG, Heiko Teggatz, merkte an: „Es kann nicht sein, daß jeder Bürger für kleinste Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung mit teilweise drastischen Gebühren zur Kasse gebeten wird, aber die milliardenschwere DFL die Arbeit zigtausender Polizeikräfte geschenkt bekommt.“ Laut dem DPolG-Vize koste die Sicherung der Bundesliga den Steuerzahler mindestens 130 Millionen Euro. Dies stellte Teggatz dem Rekordumsatz der ersten und zweiten Liga von 5,24 Milliarden Euro in der Saison 2022/23 gegenüber.
DFL zahlt Milliarden an Steuern und Abgaben
Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) zeigte sich mit dem Urteil äußerst zufrieden: „Unsere Ausdauer und konsequente Haltung haben sich am Ende ausgezahlt.“ Mäurer hob ebenfalls die hohen Kosten durch die Abdeckung der Bundesliga hervor. „Alleine die Personalkosten dafür liegen bei über 104 Millionen Euro. Das müssen die Bürgerinnen und Bürger mit ihren Steuern bezahlen. Dem gegenüber steht eine milliardenschwere Profiliga, die es sich locker leisten kann, das zu zahlen.“
Unerwähnt ließen beide, Teggatz und Mäurer, die mehr als 1,6 Milliarden Euro an Steuern und Abgaben der DFL, wie aus dem Wirtschaftsreport 2024 hervorgeht. Dem Dachverband gehören 36 Clubs an.
Grüne meckert über Männer, die beim „Fußballgucken zu hysterisch“ werden
Nüchtern reagierte der Fußballdachverband. „Die DFL wird sich dafür einsetzen, daß die entsprechenden Kriterien konkretisiert und die Einsatzplanung transparenter für diejenigen gestaltet werden, die als Gebührenschuldner für die zusätzliche Bereitstellung von Polizeikräften herangezogen werden könnten“, heißt es auf der Internetseite. Klartext: Die DFL will Störenfriede zur Kasse bitten. Ziel sei außerdem, „sichere Großveranstaltungen mit geringstmöglichen Polizeieinsatzstunden“ abzuhalten. Dafür führe der Verband bereits Gespräche mit den Innenministern der Länder.
Mit Blick auf das Urteil forderte DPolG-Sachverständiger Ralf Kusterer, daß eine entsprechende Regelung auch von anderen Bundesländern eingeführt wird: „Das könnte man niemandem erklären, daß es eine solche Gebühr nur in Bremen geben soll. Die Einnahmen daraus müssen unmittelbar der Polizei und den Sicherheitsbehörden zugute kommen.“
Der Bremer Fraktionsvorsitzende von Bündnis Deutschland, Jan Timke, lobte das Urteil ebenfalls und forderte im selben Zug eine „finanzielle Chancengleichheit“ der Vereine. „Auch andere Bundesländer sollten diesem Beispiel folgen und die zusätzlichen Kosten für die Hochrisikospiele in Rechnung stellen“, sagte Timke.
Zuspruch fand das Urteil auch bei der Chefin des Grünen-Nachwuchses. „Der Staat sollte nicht auf den Kosten sitzenbleiben, nur weil Männer beim Fußballgucken zu hysterisch sind“, kommentierte die Sprecherin der Grünen Jugend, Jette Nietzard, auf X.
Der Staat sollte nicht auf den Kosten sitzen bleiben, nur weil der linke Mob bei AfD-Parteitagen durch die Straßen zieht und seine antidemokratische Fratze zeigt.
— Martin C. T. Kohler (@MartinCTKohler) January 14, 2025
Karlsruhe: Mehrkosten nicht auf Steuerzahler abwälzen
Konkret wandte sich die DFL gegen Paragraph 4 Absatz 4 des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes. Dieses ermöglicht der Bremer Polizei bei gewinnorientierten Veranstaltungen, an denen voraussichtlich mehr als 5.000 Personen zeitgleich teilnehmen und erfahrungsgemäß Gewalthandlungen erwartet werden, entstehende Mehrkosten auf die Veranstalter abzuwälzen. Der Absatz wurde im November 2014 unter dem damaligen Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) eingefügt.
Darin sah der Bundesliga-Dachverband eine Verletzung seiner Grundrechte aus Artikel 12 Absatz 1 – Berufsfreiheit – und Artikel 3 Absatz 1 – Gleichheit vor dem Gesetz. Die Karlsruher Richter wiesen die Beschwerde in beiden Punkten zurück. Das Bremer Gesetz greife zwar in die Berufsfreiheit ein, „der Eingriff ist aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt“. Auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz sei es vereinbar.
Denn „die Gefahrenvorsorge ist keine allgemeine staatliche Tätigkeit, die zwingend ausschließlich aus dem Steueraufkommen zu finanzieren ist“, entschied das Bundesverfassungsgericht. Insbesondere, da bei Hochrisikospielen ein Vielfaches an Polizeikräften eingesetzt werden müsse. „Auf diese Weise sollen die Mehrkosten der Polizeieinsätze nicht durch die Gesamtheit der Steuerzahler, sondern jedenfalls auch durch die (un)mittelbaren wirtschaftlichen Nutznießer der Polizeieinsätze geschultert werden. Dies ist ein legitimes Ziel.“
Ruhiges Derby löst jahrelangen Rechtsstreit aus
Anlaß der Beschwerde war das Nordderby Werder Bremen gegen den Hamburger SV am 19. April 2015. Aufgrund der historischen Rivalität rechneten die Behörden mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Fans der Vereine. Zur Sicherung wurde die Bremer Polizei durch Einheiten aus Schleswig-Holstein, Hamburg, Hessen und der Bundespolizei unterstützt. Die Mehrkosten in Höhe von 425.718,11 Euro stellte die Hansestadt der DFL via Gebührenbescheid zu.
Dagegen wehrte sich der Bundesliga-Dachverband mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht, das den Gebührenbescheid aufhob. Unzufrieden mit diesem Urteil ging das Land Bremen in Berufung. Der Rechtsstreit wanderte durch alle Instanzen und landete 2019 letztlich beim Bundesverwaltungsgericht. Die Verwaltungsrichter in Leipzig bestätigten, bis auf einzelne Kostenpunkte, das Vorgehen der Hansestadt. Der Gebührenbescheid beträgt nun 385.000 Euro.
Das Derby zwischen Werder Bremen und dem HSV verlief damals nach Bewertung der Polizeiführung indes „reibungslos“. In der 84. Spielminute fiel vor den Augen der 42.100 Zuschauer im Weserstadion das 1:0 für die Grün-Weißen. (sv)