BERLIN. Die frühere Vorsitzende der Grünen, Ricarda Lang, hat die Verurteilung des Deutschland-Kurier-Chefredakteurs David Bendels kritisiert. „Sorry, aber so ein Urteil hat nichts mehr mit Verhältnismäßigkeit zu tun“, schrieb die Bundestagsabgeordnete auf X. Bendels wurde vom Amtsgericht Bamberg zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung verurteilt, weil er ein Meme von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) teilte. Zudem soll Bendels sich bei Faeser entschuldigen.
Sorry, aber so ein Urteil hat nichts mehr mit Verhältnismäßigkeit zu tun. https://t.co/VhquPwGrOl
— Ricarda Lang (@Ricarda_Lang) April 10, 2025
Im Februar 2024 hatte der Deutschland-Kurier auf dessen X-Account das satirische Meme veröffentlicht. Darauf hält die Politikerin ein Schild, auf dem die Aufschrift „Ich hasse die Meinungsfreiheit“ steht. Dies sei „eine für den unbefangenen Leser nicht erkennbar bewußt unwahre und verächtlichmachende Tatsachenbehauptung über die Innenministerin Frau Faeser“, begründete das Gericht in der mündlichen Urteilsverkündung die Entscheidung. Dadurch habe er Faesers „öffentliches Wirken erheblich beeinträchtigt“.
Grüne kritisieren und verteidigen das Urteil
Kritik äußerte ebenfalls der Grüne Abgeordnete im Europäischen Parlament Erik Marquardt. „Es ist völlig unverhältnismäßig, dass jemand für das Posten eines Memes zu einer 7-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt wird“, kommentierte er auf X. Es sei egal, ob das Meme lustig oder geschmacklos sei, „aber der Gesetzgeber sollte dafür sorgen, daß solche Bestrafungen in Zukunft nicht mehr möglich sind.“ Der Grünen-Politiker betonte auch, daß er mit dem Verurteilten politisch so viel gemeinsam habe, „wie ein Baum mit ’nem Stein“.
Neben Lang und Marquardt meldete sich auch ihre Parteikollegin und frühere Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast zu Wort. Auf einen Kommentar in der Welt mit dem Titel „Ein Urteil wie aus einer Diktatur“ reagierte die Grünen-Politikerin auf X mit Entsetzen. „Steht die Welt noch mit beiden Beinen auf dem Grundgesetz?“ In den Kommentaren – die Künast einschränkte – erklärte sie sich weiter: „Zwischen allen Stühlen. Die Glaubwürdigkeit von Politikern oder besser der Funktion, deren Schutz gegen üble Nachrede ist auch Teil unserer Demokratie.“
Abseits der Politik schaltete sich auch der Kabarettist Vince Ebert ein. „Die Trennlinie zwischen einer freien und einer unfreien Gesellschaft verlief schon immer entlang der Humorgrenze“, erläuterte der gelernte Physiker auf X. Ein Land in dem Satire strafrechtlich verfolgt werde, sei „näher an einem autoritären Regime als an einer liberalen Demokratie“.
AfD thematisiert Bendels im Bayerischen Landtag
Unterdessen erreichte der Fall auch den Bayerischen Landtag. Abgeordnete der AfD-Fraktion brachten einen Dringlichkeitsantrag ein. Das Parlament möge beschließen, „sich uneingeschränkt zur Meinungs- und Pressefreiheit als Basis der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in der Bundesrepublik Deutschland“ zu bekennen.
„Das Urteil gegen David Bendels ist in mehrfacher Hinsicht ein Skandal“, begründete der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Martin Böhm die Initiative. Er monierte, daß es in einem Rechtsstaat niemals zum Prozeß hätte kommen dürfen. Die Staatsanwaltschaft hätte das Verfahren nicht einleiten dürfen und der Richterspruch markiere nun „nur den vorläufigen Tiefpunkt einer Reihe höchst bedenklicher Tendenzen“. Die AfD-Fraktion forderte die Staatsregierung auf, Meinungs- und Pressefreiheit durch Landesgesetze, Verordnungen sowie behördlichen Weisungen und Richtlinien zu schützen.
Bendels will notfalls bis nach Karlsruhe ziehen
Bereits im vergangenen Jahr hatte das Amtsgericht Bamberg mehrere Strafbefehle gegen Bendels verhängt, darunter wegen des Faeser-Bildes. Insgesamt wurde er in drei Fällen zu 480 Tagessätzen verurteilt, legte aber Einspruch ein und es kam zum Prozeß. Die Bundesinnenministerin hatte alle Strafanträge selbst gestellt.
Gegen das Urteil des Amtsgerichts Bamberg will Bendels Berufung einlegen. „Selbstverständlich werden wir uns mit allen rechtlichen Mitteln gegen dieses Urteil wehren“, kündigte der Publizist im Interview mit der JUNGEN FREIHEIT an. Notfalls wolle er auch bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. „Dieser Richterspruch ist ein Skandal; er darf und wird keinen Bestand haben.“ (sv)